Kriegskinder: Respektvolle Würdigung der Opfer fehlt
Historikerin Vogelsang erinnert an die traumatische Jugend der Kriegskinder.
Büderich. „Von Lagern haben wir nichts gewusst, dass etwas Schlimmes passiert aber schon“, erinnert sich Dr. Rosemarie Vogelsang. Die Historikerin und Autorin, im Bereich Denkmalschutz in Meerbusch bekannt, berichtet anlässlich der Planung zur Errichtung eines Mahnmals im Büdericher Verwaltungsgebäude, ein ehemaliges Gebäude für die so genannten Hitlerjugend, über ihr ganz persönliches Erleben in den Jahren von 1933 bis 1945.
Anhand von Foto- und Schriftdokumenten wie Feldpost vom Bruder und Gestapo-Vorladungen an ihren Vater versucht die in Duisburg gebürtige Kriegsbetroffene ein weiteres Mal, die negativ prägenden Erlebnisse ihrer Kindheit und Jugend aufzuarbeiten. Es ist ein Lebenswerk.
Ob Kinderlandverschickung oder Reichssportfest, Mutterkreuz oder Luftangriffsszenarien: Rosemarie Vogelsangs Rückblicke sind trotz der Traumatisierung mit dem herangewachsenen Zynismus des Zeitzeugen gefärbt, aber auch von der einstigen kindlichen Unerschütterlichkeit. Sie selbst ist am Ende körperlich unversehrt geblieben und hat mit der Möglichkeit eines Studiums und eines Hochschulabschlusses Glück im Unglück gehabt.
Als Kind das Neugeborene ihrer körperlich geschwächten Schwester zu versorgen, es durch den Granatenhagel zu bringen, davon berichtet Vogelsang mit einer bittersüßen Nuance Stolz. Dass es mehr Einsätze auf dem Rübenacker als im Schulunterricht gab, verbucht sie in ihrer Rückblende unter „Eigentlich hatten wir schon Spaß“.
Vieles sei in den zwölf Jahren wohl auch im Inneren „abgesunken“. Die zugrundeliegende große mentale Kraft, die Rosemarie Vogelsang sich bis in die Gegenwart erhalten hat, soll jedoch nicht hinwegtäuschen über das Ausmaß des Geschehenen und die groben Verluste in ihrer Generation.