Bauarbeiten in Meerbusch Büderichs Unterwelt ist moderner

Büderich. · In die alten Rohre kamen Liner. Vorteile: Weniger Kosten, kein Aufreißen der Straße.

 Über ein Förderband wird der tonnenschwere Liner in den Schacht gezogen. Fünf Männer sind nötig, um ihn am Anfang des Förderbands korrekt zu falten.

Über ein Förderband wird der tonnenschwere Liner in den Schacht gezogen. Fünf Männer sind nötig, um ihn am Anfang des Förderbands korrekt zu falten.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

In der Unterwelt ist in den vergangenen Tagen viel passiert: 600 Meter marode Kanäle unter Mozart- und Gartenstraße sowie Dietrich-Bonhoeffer-Straße wurden saniert. Die meisten stammen aus den 1960er Jahren. Einige der Rohre waren gerade mal fünf Meter lang und von geringem Durchmesser. An der Dietrich-Bonhoffer-Straße aber wurden in zwei Etappen zwei mehr als 100 Meter lange Abflussrohre erneuert. Durchmesser: 1,20 Meter. „Das ist schon ordentlich“, sagt Matthias Unzeitig, Fachbereichsleiter Straßen und Kanäle.

Das Besondere: Für die Sanierung wurde nicht die komplette Straße aufgebrochen, sondern nur ein rund drei mal drei Meter großer Schacht geöffnet. „Bei den kurzen Kanalabschnitten konnten wir sogar durch die vorhandenen Kanalöffnungen arbeiten“, erzählt Ingo Heitmann, Bauleiter von Katec, einer Firma aus der Eifel, die auf „grabenlose Kanalsanierung“ spezialisiert ist. Heißt: In den vorhandenen Kanal wird ein sogenannter Liner eingezogen. „Man kann sich das wie eine Schlüsselloch-OP in der Medizin vorstellen“, erklärt Unzeitig. Ein Verfahren, das viel Zeit und Geld spare. „Ein Liner-Einbau kostet nur rund 40 Prozent eines Kanal-Neubaus.“ An der Dietrich-Bonhoeffer-Straße sind das für 122 Meter Snierung rund 140 000 Euro.

 Der Fräsroboter öffnet die Anschlüsse zu den anliegenden Häusern.

Der Fräsroboter öffnet die Anschlüsse zu den anliegenden Häusern.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Die Methode lässt sich aber nur anwenden, wenn der alte Kanal halbwegs intakt ist. „Sind die Rohre zu brüchig oder verschoben, funktioniert es nicht“, so Unzeitig. „Und wenn das Volumen zu gering ist, müssen wir neu bauen.“ Vor rund 20 Jahren setzte Meerbusch den ersten Liner ein. „Das war der Kanal vor der Kirche in Osterath“, sagt Projektleiter David Keller. Mittlerweile gibt es sie in allen Ortsteilen.

Der Liner ist nach
drei Stunden ausgehärtet

 Das Team des Fachbereichs Straßen und Kanäle: Matthias Unzeitig, David Keller und Stefan Wadleich (v.l.).

Das Team des Fachbereichs Straßen und Kanäle: Matthias Unzeitig, David Keller und Stefan Wadleich (v.l.).

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Der Liner gleicht einem Schlauch aus einer schweren Lkw-Plane. „Das Material ist ein Glasfaser-Harz-Gemisch, das durch Wärme und Licht aushärtet“, erklärt Bauleiter Heitmann. Liegt der Liner passend im alten Rohr, wird Luft zugeführt. Dadurch stellt er sich am alten Kanalrohr auf. Dann fährt die „Lichterkette“ durchs Rohr, ein Gerät mit mehreren Lampen. „Nach drei Stunden ist der Liner ausgehärtet“, so Heitmann. „Das Material hält 50 bis 70 Jahre und trägt auch, wenn der alte Kanal in der Zwischenzeit ganz kaputt gehen sollte.“ Der 122 Meter lange Liner an der Dietrich-Bonhoeffer-Straße wiegt 7,2 Tonnen und wurde über ein Förderband mit Seilwinde und zusätzlich viel Muskelkraft in den Kanal gezogen. Heitmann: „Den alten Kanal haben wir vorher mit einer dicken Folie ausgelegt, damit wir einen glatten Untergrund haben.“ Für noch mehr Gleitfähigkeit gossen die Arbeiter zwölf Liter Speiseöl darüber. Wenn alles nach Plan läuft, dauert der Einbau etwa einen Tag — ohne Auf- und Abbau der Maschinen.

„Wenn der Liner ausgehärtet ist, werden die Hausanschlüsse entlang der Straße geöffnet“, erklärt Heitmann. Dafür ist ein Zwei-Mann-Team unterwegs. Es schickt zuerst einen Fräsroboter in den sanierten Kanal, dann einen Spachtelroboter. Beide sind mit einer Kamera ausgestattet, so dass die Arbeiter am Bildschirm verfolgen können, was im Kanal passiert. „Die Robotereinheit wird noch etwa 14 Tage in Büderich unterwegs sein“, sagt Heitmann. „Die Liner-Einheit ist Ende der Woche fertig.“ Dann geht es weiter zur nächsten Baustelle. „Von der Corona-Krise bekommen wir nicht viel mit“, erzählt der Bauleiter. „Die Aufträge kommen rein wie sonst auch, eigentlich sind es sogar mehr. Allerdings achten wir natürlich auch verstärkt auf die Hygieneregeln.“

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