Bildung in Meerbusch : Hund Lola nimmt die Angst vorm Lesen
Büderich. Medizinerin Irene von Seebach holt das Bildungsprojekt „Lesehund“ mit der Johanniter Hilfsgemeinschaft Meerbusch nach Nordrhein-Westfalen. Nun sucht sie Hundebesitzer, die sich gemeinsam mit ihren Tieren ausbilden lassen wollen.
Dass an diesem Morgen ein fremder Mann mit Kamera in ihrem Revier unterwegs ist und Fotos macht, stört Lola überhaupt nicht. Die zehnjährige Mischlingshündin ist aufmerksam, aber trotzdem entspannt. „Ich kann mir absolut vorstellen, dass Lola ein toller Lesehund wird. Daher bin ich auch guten Mutes, dass sie die Prüfung besteht“, sagt Irene von Seebach.
Die Kinder- und Jugendärztin aus Büderich ist Leiterin des neuen Projekts „Lesehund“ der Johanniter Hilfsgemeinschaft Meerbusch (JHG) und in dieser Position nun auch dort im Vorstand. „Ich habe vor einiger Zeit in einem Mitteilungsblatt der Johanniter Unfallhilfe einen Artikel über das Projekt gelesen.“ Die dort geschilderten Probleme kamen der Medizinerin bekannt vor: „Auch in meiner Praxis erlebe ich häufig, dass Kinder beim Lesen immense Defizite haben.“ Deshalb sei ihr sofort klar gewesen: „Dieses Projekt möchte ich auch in Meerbusch aufziehen.“
Nun hofft von Seebach auf weitere Hundebesitzer aus Meerbusch, die sich ebenfalls ehrenamtlich einsetzen und zum Lesehund-Team ausgebildet werden möchten. Außerdem können sich Schulleiter melden, die Besuch von einem Lesehund bekommen wollen. Das Konzept ist simpel: Regelmäßig lesen die Kinder „ihrem“ Lesehund in der Schule jeweils 20 Minuten lang vor. Die Lesehundbegleiter wählen zuvor die entsprechende Literatur aus einem „Lesebaum“ aus. Dessen Äste haben verschiedene Schwierigkeitsgrade, sodass die Kinder den Baum allmählich hochklettern können. Bei Lesefehlern werden die Kinder auch korrigiert – aber sanft: „Ich als Lesehundbegleiterin könnte dann beispielsweise sagen: ,Schau mal, wie Lola guckt. Hast du den Eindruck, dass sie das gerade richtig fand, wie du gelesen hast?’ Denn die Kinder“, so erklärt Irene von Seebach weiter, „sollen nicht nur ihre Scheu verlieren, sondern natürlich auch ihre Lesefähigkeiten verbessern.“
In Bayern, Hamburg und Brandenburg sind bereits in vielen Schulen regelmäßig Lesehunde zu Gast. „Die Kinder freuen sich auf die Treffen – und damit auch auf das Lesen, das ihnen im Beisein des Hundes viel leichter fällt“, sagt Helmut Winter, der bei den Johannitern für die Ausbildung im Bereich tiergestützte Intervention zuständig ist. Er wird auch die Ausbildung der Teams in Meerbusch leiten und erklärt: „Für viele Kinder bedeutet vor allem das laute Vorlesen in der Klasse Stress. Sie fürchten sich vor Kritik und Hänseleien, Dazu kommt die Angst vor Fehlern.“
Nervosität und Furcht sind jedoch schlechte Voraussetzungen für das Lesen. Und genau da kommen die Hunde ins Spiel: „Die Tiere machen keine dummen Bemerkungen, sie lachen niemanden aus und sie werden auch nicht ungeduldig“, sagt Irene von Seebach. Sie möchte so bald wie möglich mit Lola die Prüfung absolvieren und sich danach weiter ausbilden lassen, um selbst Prüfungen abnehmen zu können. „Meine beiden Kinder sind jetzt alt genug, ich habe also wieder Kapazitäten frei“, sagt sie und lacht.