Großes Interesse an Europas Datenschutz

Zur Informationsveranstaltung von Stadt und Kreis im JuCa strömten 150 Zuhörer.

Großes Interesse an Europas Datenschutz
Foto: Hans-Jürgen Bauer

Die Stühle reichten nicht aus. Eigentlich hatten sich 110 Besucher angemeldet, doch plötzlich standen noch einmal 40 Interessenten vor der Tür. Und das bei einem relativ sperrigen Thema: Um Datenschutz und eine neue Verordnung, die ab Mai gilt, ging es am Montagabend. Die Wirtschaftsförderungen des Kreises Neuss und der Stadt Meerbusch hatten gemeinsam mit der Meerbuscher Unternehmensberatung adisfaction zu einem Expertenforum eingeladen. Und es entspann sich eine angeregte Diskussion mit vielen Fragen auch aus dem Publikum.

Die neue EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zwingt alle Unternehmen und Einrichtungen in EU-Ländern, sich intensiv mit datenschutzrechtlichen Fragen zu beschäftigen und interne Prozesse in Einklang mit der Verordnung zu bringen. Jetzt ging es darum, Aufklärungsarbeit zu leisten und die Unternehmer bei der Umstellung zu unterstützen. „Das ist sicher kein Thema, für das Vergnügungssteuer anfällt“, sagte Bürgermeisterin Angelika Mielke-Westerlage in ihrer Begrüßung. Doch die große Teilnehmerzahl signalisiere, dass es ein sehr wichtiges Thema sei. Viele Unternehmer, die sich mit der neuen Verordnung konfrontiert sehen, wollten erfahren, wie sie am besten ihr Unternehmen auf die digitale Transformation einstellen können. Bei schweren Verstößen droht ein Bußgeld von bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes. Unter der Moderation von Henning Bulka informierten und diskutierten sechs Fachleute zum Thema.

Die Unternehmen sollten die Umstellung zur Chefsache machen, damit alle Bereiche erfasst würden, in denen personenbezogene Daten eine Rolle spielen, riet Professor Michael Bohne von der Anwaltskanzlei Orth Kluth. Falls kein interner Sachverstand vorhanden sei, könne man einen externen Datenschutzbeauftragten engagieren, der das Vorhaben begleitet, ergänzte der Online-Händler Dennis Möß von der Firma Polo. Gleichfalls gäbe es gute Unterlagen von Verbänden. Man könne auch Checklisten aus dem Internet nutzen. Firmen sollten sich bei der Weitergabe von Kundendaten besser einmal mehr absichern, um Strafen bei einer möglichen Überprüfung zu verhindern.

Zunächst muss jedes Unternehmen ein Verarbeitungsverzeichnis erstellen und führen, in dem die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der Daten von Kunden und Personal enthalten sind. Alle Mitarbeiter sollten in der Thematik geschult werden, weil alle Bereiche betroffen seien, so Thomas Görner von Foto Koch, dessen Betrieb schon seit Monaten auf das neue Gesetz hinarbeitet. Dieses erfordere auch ein Notfallkonzept, wenn das Datensystem gehackt werde. Man solle seine Daten auf das Notwendigste bereinigen, um sich von Ballast zu befreien. Grundsätzlich dürfe man Daten nur erheben, wenn eine Erlaubnis von Kunden oder Geschäftspartnern vorliege. Auch Firmen-Newsletter dürften — wie bisher schon — nur dann an die Kunden verschickt werden, wenn der Empfänger zugestimmt habe.

Bei der Systematisierung der Daten könnten die Betriebe erkennen: Was ist los im Unternehmen? Das könne eine gute Chance sein, „die Bude sauber zu halten“, so Möß. Man könne verschlanken und Prozesse sichtbar machen. Als Vorteil könne sich auch erweisen, dass man eine intensivere Kommunikation mit den Kunden aufbaue. Im Zuge der Maßnahmen sei es sinnvoll, die eigenen Marketingziele zu überdenken und statt auf Quantität auf Qualität zu setzen, so Tim Riepenhausen. Der Mittelstand habe hier gegenüber großen Firmen einen Vorteil. Wer seinen Kunden zeige, dass er sich mit Datenschutz beschäftigt, könne neues Vertrauen schaffen.

„Das neue Gesetz schafft ein gleiches Level für alle und damit Fairness“, meinte Professor Heinz Schaumann. Es gibt jetzt einen einheitlichen Datenschutz in ganz Europa — davon kann der Verbraucher profitieren. Ebenso haben sie mehr Kontrolle über die Verwendung ihrer Daten durch Dritte.

Am Ende des Abends war die Resonanz der Unternehmer überaus positiv: „Was wir hier in zwei Stunden erfahren haben, haben wir bisher in zwei Wochen nicht gelernt.“

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