Ehrenamt: Nachfrage in Schulen bleibt groß

Brigitte Erwig kann beim Ehrenamt-Forum inzwischen auf 100 Freiwillige zählen.

Meerbusch. Seit gut zwei Jahren laufen die Fäden beim Meerbuscher Ehrenamt-Forum bei Brigitte Erwig im Büdericher Büro der Diakonie zusammen. Zeit also, eine kleine Bilanz zu ziehen. Und die fällt durchaus positiv aus. "Es entwickeln sich immer neue Perspektiven, längst fällt nicht mehr nur das klassische Ehrenamt in meinen Aufgabenbereich", erklärt Erwig.

So hätte sie inzwischen auch minimal dotierte Jobs bei unterstützenden Maßnahmen in Familien oder in der Einzelbetreuung zu vergeben, die dann von städtischer Seite finanziert würden. "Einen schwer erkrankten Jugendlichen auf dem Weg der Genesung zu unterstützen, kann Monate dauern, da ist es schon gerechtfertigt, demjenigen einen kleinen Betrag zu zahlen", nennt sie ein Beispiel.

Oft hat die Sozialpädagogin aber beobachtet, "dass die Helfer gar nichts wollen, auch wenn das zu leistende Pensum für sie teilweise groß ist".

Auf um die 100 Meerbuscher ist der Pool an Ehrenamtlern mittlerweile gewachsen - vom Frührentner über die Hausfrau, deren Kinder bereits aus dem Haus sind, bis zum Berufstätigen, der seine ohnehin knapp bemessene Freizeit opfert.

"Das ist schon enorm. Da gibt es Großväter, die haben eigene Enkel und kümmern sich noch zusätzlich um andere Kinder. Die sagen dann: Mir ist es im Leben gut ergangen, jetzt will ich etwas zurückgeben." Dennoch versucht Erwig, stets zu dosieren, "niemand soll sich total verausgaben".

Wer einmal mit ins Boot gestiegen ist, bleibe in den allermeisten Fällen auch bei der Stange, "es sei denn er zieht weg", so Erwig. Häufiger sei, dass ein und dieselbe Person mehrere Aufgaben wahrnehme oder nach Abschluss des einen, sofort das nächste Projekt in Angriff nehme.

"Viele kommen auch zu mir ins Büro und sagen, in einem halben Jahr steht die Pension an, dann wäre ich einsatzbereit." Wer neu dazustößt, den setzt Erwig nach intensiven Erstgesprächen versuchsweise erst einmal am Wochenende ein. "Niemand soll gänzlich unvorbereitet ins kalte Wasser geworfen werden."

Die größte Nachfrage bestehe nach wie vor bei der Betreuung an Grundschulen am Nachmittag. Der Unterrichtsstoff soll noch einmal vertieft, vor allem aber die Freizeit sinnvoll gestaltet werden. "Immer wieder kommen Anfragen nach Erwachsenen, die einfach nur vorlesen sollen, oft bei Vorschulkindern, die selbst noch nicht lesen können", sagt Erwig.

Es würden aber auch Aufführungen an Grundschulen oder in Familienzentren geprobt. "Kreative Dinge stehen klar im Vordergrund", bekräftigt die Forums-Leiterin. Weitere Einsatzgebiete sind die Flüchtlingsbetreuung, der Englischkurs oder das klassische Bewerbungstraining.

Brigitte Erwig arbeitet nach wie vor auf einer halben Stelle, Unterstützung wäre aus ihrer Sicht wünschenswert, aber momentan wohl auch nur auf ehrenamtlicher Basis denkbar. Die Sozialpädagogin will in Zukunft verstärkt kleinere Fortbildungen anbieten. So könnte etwa in einem Pflegeheim eine Fachkraft die Ehrenamtler in ihre Aufgabe einweisen.

Frusterlebnisse seien die absolute Ausnahme, kleinere Reibereien habe es schon mal bei der Fahrkostenerstattung gegeben. "Das sollte aber bei den Minimalbeträgen von Seiten der Einrichtungen eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, die meisten Ehrenamtler winken eh ab", berichtet Erwig.

Auch die Krankenkassen könnten, zum Beispiel bei der Betreuung von Patienten nach einer Therapie, wenn die ärztliche Hilfe nicht mehr gegeben sei, durchaus finanziell etwas beisteuern. "Da geht der Einsatz nicht selten weit über das klassische Ehrenamt hinaus."

Problematischer könne da schon sein, wenn einer eine pädagogische Aufgabe übernehme, sich der nach ersten Versuchen aber nicht gewachsen fühlt oder die Fortschritte ausbleiben. "Oft ist es aber so, dass allein der Kontakt, das persönliche Kümmern, etwa bei zuvor vernachlässigten und dann womöglich schlechten Schülern, bereits viel Positives bewirkt.

Das wird einem dann erst beim zweiten Hinsehen wirklich bewusst." Auch die Unterstützung von Demenzkranken sei nicht immer einfach. "Wenn man beim zweiten Besuch nicht mehr wiedererkannt wird, das kann schon Frust auslösen", weiß die Expertin.

In den nächsten Wochen soll auch die neue Internet-Seite des Ehrenamt-Forums freigeschaltet werden.

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