Meerbusch Keine anlasslosen Corona-Reihentests

Meerbusch. · Im Gegensatz zu Düsseldorf und Köln werden im Rhein-Kreis Neuss keine anlasslosen Reihentests in Pflegeeinrichtungen durchgeführt. Die Meinung der Träger der Meerbuscher Einrichtungen zu diesem Thema ist gespalten.

 In Pflegeheimen müssen sich Bewohner und Mitarbeiter an strenge Hygienevorschriften halten.

In Pflegeheimen müssen sich Bewohner und Mitarbeiter an strenge Hygienevorschriften halten.

Foto: dpa/Jonas Güttler

Im Rhein-Kreis Neuss werden Reihentests in Pflegeeinrichtungen derzeit nur in einem begründeten Verdachtsfall durchgeführt. Dieser ist zum Beispiel gegeben, wenn zuvor mehrere Personen in einer Einrichtung positiv getestet wurden. Ebenso, wenn es nur einen positiven Fall gibt, aber der Infizierte Kontakt zu mehreren Menschen in der Einrichtung hatte. Wenn die infizierte Person dagegen keinen oder nur sehr wenig Kontakt zu anderen Bewohnern beziehungsweise Mitarbeitern hatte, werden zwar etwaige Kontaktpersonen, aber nicht automatisch alle Mitarbeiter und Bewohner getestet. Im Endeffekt hänge die Entscheidung vom individuellen Fall ab, sagt Benjamin Josephs, Sprecher des Rhein-Kreises Neuss.

In den vergangenen Monaten wurde in Meerbusch im Zusammenhang mit dem Coronavirus eine Reihentestung in einem Wohnheim für behinderte Menschen durchgeführt, nachdem eine Mitarbeiterin zuvor positiv getestet worden war. Alle bei den 40 Bewohnern und Mitarbeitern genommenen Testungen waren am Ende aber negativ.

Der Rhein-Kreis halte sich an die Empfehlungen des RKI

Von Reihentestungen ohne konkreten Verdachtsfall nimmt das Kreisgesundheitsamt derzeit Abstand. „Wir halten uns an die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts“, sagt Kreis-Sprecher Josephs. In der Erklärung zur nationalen Teststrategie des Instituts wird in der Tat Abstand von anlasslosen Tests genommen: „Bei der Anwendung von Tests ist ein zielgerichtetes Vorgehen essenziell. Testen ohne Anlass führt zu einem falschen Sicherheitsgefühl“, heißt es auf der ­Website des Robert-Koch-Instituts.

Präventives Testen ohne begründeten Verdacht erhöhe zudem die Gefahr falscher positiver Tests und belaste die Testkapazitäten. Zugleich weist das Robert-Koch-Institut (RKI) aber daraufhin, dass Bewohner und Mitarbeiter von Betreuungseinrichtungen umfangreicher zu testen seien. Bei bestätigten Infektionen sollten grundsätzlich alle Bewohner und auch Besucher getestet werden. Selbiges gelte für das Personal, das darüber hinaus auch im Zwei-Wochen-Takt getestet werden ­könne.

Andere Kommunen setzen deshalb schon länger auf regelmäßige Reihentests in Pflegeeinrichtungen. In Köln hatte man mit den Testungen schon relativ früh angefangen, Angaben der Stadt zufolge habe es bereits schon vier Reihentestungen gegeben, zudem seien weitere Tests in den kommenden Wochen geplant.

In der Landeshauptstadt Düsseldorf war man diesbezüglich anfangs noch zurückhaltender, doch auch dort finden Tests inzwischen in allen Einrichtungen statt. 80 Prozent der Heime seien inzwischen durchgetestet worden.

Bei den Trägern der Meerbuscher Pflegeeinrichtungen gibt es unterschiedliche Positionen zu anlasslosen Reihenests. „Wir würden es befürworten“, sagt Georg Hammann von den Johannitern, Träger des Johanniter-Stifts in Büderich. Zwar wisse er um die organisatorischen Herausforderungen, doch regelmäßige Tests gäben den Mitarbeitern Sicherheit, das sei seine Erfahrungen aus anderen Einrichtungen der Johanniter.

Beim Carititasverband Rhein-Kreis Neuss, Träger des Hauses Hildegundis von Meer in Osterath, steht man anlasslosen Tests – zumindest solange die Infektionszahlen insgesamt niedrig sind – kritischer gegenüber. Dort befürchtet man eher ein falsches Gefühl von Sicherheit durch Reihentests. „Es handelt sich ja immer nur um eine Momentaufnahme“, sagt ein Sprecher der Einrichtung.

Demenzkranken sind die Tests nur schwer zu vermitteln

Mit den Hygienevorschriften für Mitarbeiter und Besucher und einer Quarantäne inklusive Testung neuer Bewohner halte man das Infektionsrisiko gering. Zudem sieht man dort ein weiteres Problem: „Demenzkranken sind die Tests schwerer zu vermitteln“, so der Sprecher des Verbandes.

Auch im Maltesterstift in Lank-Latum ist man zurückhaltend. Wie die Caritas befürchtet Elke Jahn-Engelbert, Leiterin der Einrichtung, ein falsches Sicherheitsgefühl, da es sich um eine Momentaufnahme handle. Zudem sorgt sie sich darum, dass anlasslose Reihentests auch zu einer Beunruhigung unter den Bewohnern führen könnte.

In Köln und Düsseldorf haben die Reihentests immer wieder einzelne Infektionen ermittelt, die sonst möglicherweise unentdeckt geblieben wären. Die Resultate taugen jedoch nur unter Vorbehalt als Argument für Reihentestungen, da die gängigen Corona-Tests immer über eine – wenn auch sehr geringe – Fehleranfälligkeit verfügen. So kann ein geringer Anteil positiver Tests theoretisch, wenn auch nicht zwangsläufig, darauf zurückgeführt werden.

Auf der anderen Seite fiel kürzlich bei einem Reihentest in einem Düsseldorfer Altenheim bei 13 der rund 250 Bewohner das Ergebnis positiv aus. Ein Wert, der über der gängigen Fehlerrate von ein bis zwei Prozent liegt. Der Test konnte somit möglicherweise eine unkontrollierte Verbreitung des Virus in der Einrichtung verhindern.

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