Beerdigungen finden nun zum Teil ohne Priester statt

Das Kreisdekanat Neuss hat nicht genügend Priester für Bestattungen. Nun werden auch Laien Gottesdienste halten.

Beerdigungen finden nun zum Teil ohne Priester statt
Foto: Lothar Berns

Rhein-Kreis. Mitglieder der katholischen Kirche im Rhein-Kreis dürfen nicht mehr davon ausgehen, dass an ihrem Grab ein Priester stehen wird. Diesen Dienst versehen jetzt auch Laien. Alexander Neuroth (45) macht in zwei Neusser Seelsorgebezirken den Anfang. Der Pastoralreferent ist theologisch gebildet. Doch auf Sicht sollen auch Ehrenamtliche an diese Aufgabe herangeführt werden — und dann ihre Nachbarn beisetzen.

Dass Laien Gottesdienste leiten, war im Erzbistum Köln lange ein Tabu. Nun holt man in dieser Diözese nach, was in anderen deutschen Bistümern schon üblich ist. Nun autorisiert Kölns Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki Alexander Neuroth als ersten Laien im Kreisdekanat Neuss ausdrücklich zur, wie es im Beauftragungsschreiben heißt, „Verkündigung bei Wortgottesdiensten in der Kirche und der Friedhofskapelle anlässlich der Beerdigung“.

Der Grund ist überall gleich: Priestermangel. Angesichts von nur noch 58 Priesterweihen im vergangenen Jahr für ganz Deutschland, schlägt Thomas Sternberg Alarm. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken spricht laut katholischer Nachrichtenagentur von einer „katastrophalen pastoralen Situation“.

Willi Klinkhammer, leitender Pfarrer im Neusser Süden, wandte sich mit der Bitte an den Kardinal, die Leitung von Begräbnisfeiern auf Laien zu übertragen. Von jedem Geweihten werde erwartet, erklärt Neuroth, dass er eine Beerdigung pro Woche leistet. Doch die Pastoralteams schrumpfen. Für Klinkhammer ist die Beauftragung von Laien in der Beerdigungspastoral nur ein erster Schritt hin zu neuen Formen der weiter reichenden Trauerpastoral. Neuroth spricht von Trauertreffen, Trauercafés und Netzwerken, in die die Notfallseelsorge, in der er selbst auch engagiert ist, ebenso wie die Krankenhausseelsorge eingebunden werden könnten. Letztlich könnte es um alle seelsorgerischen Fragen am Lebensende gehen, sagt Neuroth. Auch darum, „Vereinsamung aufzufangen“.

Aus Sicht der Gläubigen geht wieder etwas Nähe zum Gemeindepfarrer verloren. Nicht nur Tauf-, Kommunion- und Firmvorbereitung sind schon Sache engagierter Ehrenamtler. Was „bekommt“ man denn noch für seine Kirchensteuer? Neuroth sind solche Gedanken und Diskussionen nicht fremd. „Ist Kirche geteiltes Leben oder Servicedienst?“, fragt er zurück.

Sein Dienst als Leiter eines Begräbnisses umfasst mehr als den „letzten Gang“ zum Grab. Kontaktaufnahme mit den Angehörigen, ein Trauergespräch, in dem Hinterbliebene von dem Verstorbenen auch ihrer eigene Not erzählen, Vorbereitung der Ansprache sowie Wortgottesdienst und Aussegnungsfeier auf dem Friedhof — all das addiert sich zu Stunden. Diese Zeit fehlt Hauptamtlichen dann an anderer Stelle. „Letztlich verschiebt sich nur etwas“, sagt Neuroth, der sich deshalb Ehrenamtler am Grab vorstellen kann. Nur, wer sollte das sein? „Rentner? Arbeitslose?“, fragt Neuroth.

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