Wiever übernehmen Schlüssel

In Dormagen wird Bürgermeister Peter-Olaf Hoffmann von seinem Stellvertreter gebützt, während Amtskollege Franz-Josef Moormann in Kaarst auf Bullenjagd geht. Grevenbroich feiert bei trockenem Wetter.

Kaarst. Mit einem Veedelszoch läutete am Donnerstag die Mathias-Claudius-Grundschule die heiße Zeit des Straßenkarnevals ein. Am Rathaus wurden die Kinder schon erwartet: Neben dem Kaarster Prinzenpaar, Stadtkämmerer Dieter Vogt und Vertretern der Karnevalsvereine warteten die beiden stellvertretenden Bürgermeister Annelie Palmen und Matthias Kluth mit zahlreichen Möhnen auf sie.

Gut vorbereitet gaben die Schulkinder einige Lieder zum Besten und ernteten Beifall und einen Kamelleregen. So waren auch die letzten mitgebrachten Taschen schnell gefüllt, bevor sich die erwachsenen Karnevalsfreunde ins Rathaus zurückzogen, um dem Ansturm der Weiberschar zu trotzen. Doch hielten die Türen nur kurz stand, und der Rathausschlüssel wechselte in die Hände der weiblichen Übermacht.

Dass es danach auch noch die Stadtkasse erwischte, konnte Annelie Palmen nicht verhindern, obwohl sie sich auf Anraten von Kluth auf den Koffer gesetzt hatte. Gemeinsam wurde das letzte Gold der Stadt unter die Narrenschar gebracht. Kluth führte anschließend das närrische Volk mit Hilfe von Prinz Klaus II. Winterhoff und Prinzessin Gabi I. Feuchthofen-Karcher durch das Programm des Vormittags. Bürgermeister Franz-Josef Moormann konnte nicht teilnehmen, weil er einem ausgebrochenen Zuchtbullen hinterherjagte. Obwohl Moormann fehlte, gelang es den Kaarster Jecken, den Narrensturm in Gang zu halten. Auch Vertreter des Carolus-Vereins waren gekommen. Gemeinsam wurden Lieder gesungen, Orden verteilt und die Auftritte der Tanzgarden beklatscht. Mit dem ein oder anderen Glas Freibier gelockert mischte das zahlreich erschienene Publikum kräftig mit und stimmte mehr als ein Mal ein in ein schallendes „Kaarst-Helau!“.

Wenn Bürgermeister Peter-Olaf Hoffmann seinen Stellvertreter Erik Lierenfeld bützt, dann ist das kein Skandal, sondern der Auftakt zu sechs Tagen im Ausnahmezustand, in denen die Narren das Zepter übernehmen. Denn Lierenfeld ist bis Aschermittwoch als Jungfrau Erika im Dreigestirn der KG Ahl Dormagener Junge unterwegs und tauschte in dieser Funktion an Weiberfastnacht mit dem Bürgermeister die obligatorischen Fastelovends-Bützjer aus.

Auf dem Balkon des Rathauses übergab Hoffmann am Donnerstag um Punkt 11.11 Uhr symbolisch den Stadtschlüssel und damit die Regierungsgewalt an Prinz Kai I. Weber, Bauer Michael Kolfenbach und ihre Lieblichkeit Erika Lierenfeld. Eine kleinere Ausgabe des Schlüssels hatte er für Kinderprinzessin Melina Kunert im Gepäck.

Zu Füßen des närrischen Trios tummelte sich bei ungemütlichem Nieselregen nur eine recht überschaubare Jeckenschar. Die Stimmung der Tollitäten trübte das Wetter allerdings nicht. Sie haben für die Zukunft ihrer Stadt große Pläne, die Prinz Kai in Reimform vortrug. Von einem See auf dem Zuckerfabrikgelände ließ er das Narrenvolk träumen und machte in Richtung von Stadtkämmerer Kai Uffelmann auch einige Sparvorschläge. So könnte die KG die Kulle verwalten oder aber das TSV Sportcenter übernehmen: „Der Stadtrat könnte bei uns tagen, der könnte eh mehr Publikum vertragen.“

Fünf Tage närrischer Regentschaft dürften wohl kaum ausreichen, um all dies zu bewerkstelligen. Deswegen besinnt sich das blau-gelbe Dormagener Dreigestirn bis Dienstag auf das, was alle rheinischen Fastelovends-Fründe am besten können: Das Feiern im Festzelt auf dem Schützenplatz und beim großen Karnevalsumzug der Ahl Domagener Junge, der sich am Eintopfsamstag ab 14 Uhr durch die Innenstadt schlängelt.

Käpt’n Ursula Kwasny und die Piraten von der Stadtverwaltung sind stets auf der Suche nach Gold und Juwelen, um die leeren Schatztruhen zu füllen. Die „White Pearl“, ihr stolzes Schiff auf dem Marktplatz, gilt als uneinnehmbar. Doch dem Jeckenvolk mit seinen Kamelle und Konfettikanonen mussten sich am Donnerstag selbst die hartgesottenen Freibeuter ergeben. Bis Aschermittwoch regiert in der Stadt der Frohsinn. Gleich zwei Rathausschlüssel musste Bürgermeisterin Urusla Kwasny diesmal rausrücken: einen an die Orkener GKG „Grielächer“, den zweiten bekamen Wolfgang II. und Gerta II. von der KG Rot-Weiß Kläävbotze.

Dass der Verein ein Prinzenpaar stellt, kam in den letzten Jahren nur selten vor. Trotzdem sind die Kläävbotze ein agiles Völkchen, wie Prinz Wolfgang stolz berichtet: „Wir sind eine richtige Reisegesellschaft in Sachen Karneval, haben sogar Kontakt zu Vereinen in Holland.“ Aber zum Start des Straßenkarnevals bleiben sie natürlich in der Schloss-Stadt.

Es gibt übrigens noch einen weiteren Verein namens „Kläävbotze“, der in Orken-Elsen ansässig ist. Kassiererin Marillo Mielke lässt sich seit 20 Jahren keinen Rathaussturm entgehen und ist auch diesmal in Schunkelstimmung: „Vor zwei Wochen hatten wir in der alten Feuerwache eine tolle Mädchensitzung. So kann es die nächsten Tage weitergehen!“

Auch Herbert Witte, der erste Vorsitzende der Grielächer, ist zum Höhepunkt des Karnevals ganz in seinem Element. Die Orkener Jecken sind schon mit Bravour in die Session gestartet, beispielsweise mit einer erfolgreichen Gastspiel-Premiere in der Hans-Sachs-Schule.

Am Samstag steht mit dem großen Umzug ein weiteres Sessions-Highlight auf dem Programm. Die Grielächer hoffen dann auf trockenes Wetter. Zwar können Meteorologen in dieser Hinsicht noch nichts versprechen, aber die Jecken haben einen guten Draht zu Petrus. Das bewies am Donnerstag schon Grielächer-Präsident, der durch das Programm rund um den Rathaussturm führte: „Ich habe gebetet, dass es während der Veranstaltung trocken bleibt und es hat geklappt!“, verrät Witte.

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