Nordkanal steht im Mittelpunkt

Hans-Peter Grabowski hat die Kaarster Geschichte auf 180 Seiten aufgearbeitet. Die „History 2010“ gab dafür die Initialzündung.

Kaarst. Das historische Porträt einer Stadt mit all ihren Facetten anzufertigen, erscheint schwer genug. Den zeitlichen Bogen dabei von der Römerzeit bis in die Gegenwart zu spannen, mutet nahezu unmöglich an. Dass es Hans-Peter Grabowski in seinem Buch „Kaarster Geschichte(n)“, herausgegeben von der Gesellschaft Carolus, dennoch gelungen ist, dem Leser einen überraschend umfassenden und dazu noch spannenden Einblick über die wesentlichen Eckdaten von Kaarst zu verschaffen, ist nicht hoch genug einzuschätzen.

Am Ende seiner Reise durch die Kaarster Geschichte gelangt Grabowski zu der historischen Geburtstagsfeier des Nordkanals vor drei Jahren. Dieses Fest mit rund 20 000 Besuchern hat bewiesen, wie groß das Interesse der Kaarster an ihrer Geschichte ist. Dementsprechend schnell reifte damals auch der Entschluss, das Erlebte wie die Rückschau in Buchform festzuhalten. Der Mut des Autors zur Lücke macht es dem Leser leicht, sich in die Lektüre zu vertiefen, denn Grabowski reiht keine Ereignisse penibel aneinander. Er pickt sich die Geschichten heraus, die er persönlich für erzählenswert hält und von denen er glaubt, dass diese auch die Kaarster unterhalten könnten.

Bewusst startet Grabwoski mit einem Schnelldurchgang durch die Geschichte — tatsächlich beginnend mit der Entstehung des rheinischen Schiefergebirges vor 250 Millionen Jahren — damit der Leser die später im Detail geschilderten Großereignisse auch richtig einzuordnen weiß. Sodann geht es — reich bebildert und mit historischem Kartenmaterial belegt — über die Römer- und die Frankenzeit ins Mittelalter. Und wer es noch nicht wusste, erfährt, dass Karl der Große Überlieferungen zufolge Namensgeber von Kaarst war.

Nach der Neuzeit und ihren Kriegen führt ab 1794 unter der 20-jährigen Besetzung des Rheinlandes durch die Franzosen kein Weg an Napoleon vorbei. „In dieser Epoche ordnete und änderte sich viel in unserer heutigen Heimat“, schreibt Grabowski: Gerichts- und Verwaltungsreform, Volkszählung und Planung des Nordkanals, der 1810 das heutige Kaarster Stadtgebiet erreichte, als schiffbare Wasserstraße zur Nordsee.

Aufgrund des reichhaltigen Quellenmaterials erhält nach einer kurzen Übersicht über die Preußenzeit das Kaarst des 20. Jahrhunderts natürlich ein besonders ausführliches Kapitel. Und doch kehrt Grabowski anschließend wieder zum Nordkanal, seine Geschichte und Bedeutung für Kaarst, Bau und Nutzen, Fauna und Flora, zurück.

Kritisch wird der Autor, wenn es um die Zukunft des „Grand Canal du Nord“ geht. In der Öffentlichkeit diskutiert wird über Wasserqualität, Verschmutzung und Verschlammung, Zuständigkeiten, diese Übel zu beseitigen, und die mangelnde Ausbeute an greifbaren Ergebnissen. Eine Lösung kann Grabowski auch nicht anbieten — muss er auch nicht, denn er versteht sich eher als Chronist. Und dieses Metier beherrscht er, wie dieses Buch zeigt, gar nicht schlecht.

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