Interview mit Werner Kindsmüller „Müssen dazu kommen, weniger zu fliegen“

Interview Werner Kindsmüller („Kaarster gegen Fluglärm“) kritisiert billige Flugtickets.

 Als „Kaarster gegen Fluglärm“ kämpft Werner Kindsmüller gegen Nachtflüge und für weniger Starts und Landungen auch am Tag.

Als „Kaarster gegen Fluglärm“ kämpft Werner Kindsmüller gegen Nachtflüge und für weniger Starts und Landungen auch am Tag.

Foto: Dieter Staniek

Wann sind Sie zuletzt in den Urlaub geflogen?

Werner Kindsmüller: Das war im Frühjahr nach Wien. Ich sage ja nicht, dass die Leute überhaupt nicht fliegen sollen.

Gab es einen Auslöser für Ihren Ärger über den
Fluglärm?

Kindsmüller: Ja, den gab es. Wir haben 2001 unser Haus gekauft und wussten, dass es hier Fluglärm gibt. Dann wurde plötzlich die Flugroute verändert, seitdem führen die Landungen viel extremer über Kaarst. Das ist ohne Beteiligung der Bürger erfolgt und hat technische Gründe.Das Problem besteht seit 2005.

Aber der Verein wurde erst im Jahr 2014 gegründet. Warum zu diesem Zeitpunkt?

Kindsmüller: Es gab 2014 eine Bürgerversammlung, auf der der Flughafen seine Pläne zur Erweiterung vorgestellt hat. Was mich und andere aufgebracht hat, war die Arroganz der Macht. Ich und einige andere haben dann gesagt, das geht so nicht, das lassen wir uns nicht gefallen. Daraufhin haben wir einen öffentlichen Aufruf gemacht, es gab ein paar Treffen, auf denen die Ziele ausgelotet wurden. Wir waren uns einig, wir müssen politisch was versuchen. Wir können mit guten Argumenten auf die Landesregierung einwirken.

Und dann?

Kindsmüller: Nach den „Geburtswehen“ haben wir im Februar 2014 den Verein aus der Taufe gehoben. Damals mit 50 Mitgliedern. Inzwischen sind wir 200 Mitglieder.

Was ist Ihr Schwerpunkt?

Kindsmüller: Der Kampf gegen die Erweiterung von 45 auf 60 Slots (Flugbewegungen, Anm. d. Red.) pro Stunde.

Was haben Sie bislang
erreicht?

Kindsmüller: Über den Antrag auf Erhöhung der Slots ist immer noch nicht entschieden. Es heißt zwar, dass da spätestens 2021 drüber entschieden wird, aber ich meine, der Antrag ist tot. Der Antrag wurde vor über vier Jahren gestellt. Die Gutachten, die dem zugrunde liegen, sind von 2013. Wenn der Antrag also 2021 genehmigt werden sollte, sind die Genehmigungsgrundlagen nicht mehr aktuell. Der Flughafen müsste neue Gutachten erstellen lassen, es würde wieder eine Bürgerbeteiligung geben und das ganze würde sich weitere vier oder fünf Jahre verschieben. Dass wir die Erweiterung bisher verhindern konnten, ist ein großer Erfolg.

Ist das der einzige Erfolg?

Kindsmüller: Nein, wir haben noch etwas erreicht. Das Thema Fluglärm hat mittlerweile eine höhere Bedeutung als damals. Es ist in der Politik angekommen. Es gab im März im Landtag eine Anhörung zum Thema Nachtflüge. Wir haben den Eindruck, dass mittlerweile alle verstehen, dass es so nicht weitergeht.

Welche Ziele haben Sie noch?

Kindsmüller: Wir wollen weiterhin insbesondere die Nachtflüge stoppen. Um 22 Uhr muss Schluss sein. Die Ausnahmeregelung, die exzessiv genutzt wird, muss eine Ausnahmeregelung bleiben. Im vergangenen Sommer hatten wir abends sogar nach 23 Uhr zehn Landungen pro Stunde. Es ist in diesem Jahr ein bisschen besser geworden, aber jetzt werden wieder neue Schlupflöcher gesucht.

Welche?

Kindsmüller: Die Flugzeuge starten mittlerweile schon um 5 Uhr und es wird über den Tag dichter.

Sollte Ihrer Meinung nach weniger geflogen werden?

Kindsmüller: Definitiv ja. Dieser Irrsinn der billigen Flugtickets von 19,90 Euro muss aufhören. Wir müssen dazu kommen, weniger zu fliegen.

Wie wollen Sie das
erreichen?

Kindsmüller: Wir müssen die Mentalität der Leute ändern. Muss man mehrfach im Jahr nach London oder in andere Städte jetten? Das ist heute für viele erschwinglich. Die Leute müssen sich bewusst machen, dass sie durch ihr Verhalten zur Schädigung des Klimas beitragen. Wenn die Preise steigen, überlegen sie sich, ob es ihnen wert ist.

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