Hobby-Historiker aus Kaarst will Friedhofs-Führungen anbieten Ein Friedhof erzählt Stadt-Geschichte

Kaarst. · Hobby-Historiker Josef Johnen will Führungen über den Kaarster Friedhof anbieten.

 Die Kriegsgräber liegen alle in der Mitte des „alten“ Friedhofs, der V-förmig Richtung Kirchplatz zeigt.

Die Kriegsgräber liegen alle in der Mitte des „alten“ Friedhofs, der V-förmig Richtung Kirchplatz zeigt.

Foto: Fotomontage ki-/Fotos: Stephan Seeger/Pixabay

Wer mit Josef Johnen über den Kaarster Friedhof wandert, merkt schnell, dass der Hobby-Historiker in seinem Element ist. Mit leuchtenden Augen und schier ohne Pause erzählt der ehemalige Vorsitzende der Seniorenunion über die Gräber auf dem Friedhof, vor allem im ältesten Teil der Ruhestätte. Es ist, als würden auch die Toten ihm gerne zuhören. „Wenn Friedhöfe außerhalb des ursprünglichen Kirchhofes angelegt wurden, war es das Ziel, die Sichtachse zur Kirche zu behalten. So wie hier auf dem Kaarster Friedhof“, erzählt Johnen und zeigt in die Richtung der St.-Martinus-Kirche im Alten Dorf, vor der mittlerweile Häuser stehen, die früher dort nicht standen – das jedenfalls glaubt Johnen.

Die Stadt hatte das Grundstück, auf dem der heutige Friedhof liegt, im Jahr 1763 von der St.-Sebastianus-Bruderschaft Kaarst gekauft. Zwei Männer, Herman Brocher und Johan Zentzen, betteten elf Tage lang die Toten vom Kirchplatz auf die neue Ruhestätte um. Ihr Lohn: 30 Stüber (Kleingroschenmünzen) und ein halbes Glas Branntwein pro Tag. 1824, 1882 und in den 1950er Jahren wurde der Friedhof noch einmal erweitert, ehe er in den 1980er Jahren auf den heutigen Stand mit einer Reservefläche ausgebaut wurde.

Der ursrprüngliche Friedhof
hatte eine V-Form

Das alles hat Josef Johnen im Stadtarchiv und in anderen Quellen recherchiert. Der ursrprüngliche Friedhof hatte eine V-Form. „Diese Struktur haben wir nicht nur auf dem Kaarster Friedhof, sondern auch in Büttgen, Trier und Konstanz“, sagt er. Zudem gibt es weitere Ruhestätten, die ähnliche Strukturen aufweisen würden. „Um das genau zu recherchieren, müsste man allerdings in Kloster-Aufzeichnungen schauen, so weit bin ich noch nicht vorgedrungen“, sagt Johnen. Man merkt ihm regelrecht an, dass er das auch noch versuchen wird.

Doch warum macht er das alles? „Ich interessiere mich in meiner Freizeit für die Kaarster Stadtgeschichte“, sagt er. Doch das ist nicht der einzige Grund. „In einer Sitzung des Bau- und Umweltausschusses im Juni 2017 hat die Technische Beigeordnete Sigrid Burkhart die Frage gestellt, ob es auf dem Friedhof irgendwelche besonderen Gräber gäbe“, sagt er.

Der Jagdinstinkt Johnens war geweckt – und hält bis heute an. „Ich bin damals in die Tiefe der Materie eingestiegen“, sagt er. Beim Rundgang zeigt Johnen einige dieser besonderen Gräber – sowohl architektonisch besondere als auch Gräber von besonderen Menschen. In der Mitte des „alten“ V-förmigen Friedhofes gibt es insgesamt 13 Kriegsgräber. Das Grab von einem der beiden Landärzte, die in den 1950er Jahren in Kaarst tätig waren, zeigt Johnen auch. Und das Grab eines „Staatsangehörigen Ukrainers“, zu dem Johnen natürlich auch etwas herausbekommen hat. Er hat sich die Inschrift des Grabsteins übersetzen lassen. Darauf steht in etwa: „Hier ruht mein Liebster. Er starb durch die Hand seines Feindes.“

Das Todesdatum liegt weit zwei Jahre nach Kriegsende. „Dieser Mensch ist Gastarbeiter oder Kriegsgefangener gewesen, der auf der Lauvenburg als Pferdeknecht gearbeitet und hier gelebt hat“, sagt Johnen. Den Beruf vieler Verstorbener würden Besucher an der Inschrift auf dem Grabstein erkennen. So zum Beispiel Gärtner oder Landwirte. Sein Wissen will Johnen ab Januar gerne weitergeben und Friedhofs-Führungen anbieten – je eine im Monat. „Ich bin da in Gesprächen mit der Stadt und hoffe, dass ich die Erlaubnis bekomme“, sagt Johnen. Er ist sicher: Den Toten würde das gefallen, so werden sie den Besuchern zumindest noch einmal in Erinnerung gerufen.

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