Weniger Hausärtze in Grevenbroich Frimmersdorfer Praxis findet keine Ärzte: Im April kommt das Aus

Frimmersdorf. · Rund 1000 Patienten betreut die Hausarztpraxis am Leuchtenberg. Bislang wollte kein Mediziner längerfristig bleiben.

 Stellenanzeigen und Headhunter brachten Dr. Harald Fecht auf der Suche nach einem Arzt für die Praxis in Frimmersdorf keinen Erfolg.

Stellenanzeigen und Headhunter brachten Dr. Harald Fecht auf der Suche nach einem Arzt für die Praxis in Frimmersdorf keinen Erfolg.

Foto: Dieter Staniek

Rund 1000 Patienten müssen sich eine neue Hausarztpraxis suchen. Dr. Harald Fecht muss die Praxis am Leuchtenberg schließen. Das Problem: Er findet keinen Arzt mehr, der dort arbeiten möchte.

Das Aus für die Praxis ist das Ende eines langen Prozesses. Als Fecht die Räumlichkeiten vor gut drei Jahren übernommen hatte, stellte er eine Ärztin ein. Diese machte sich selbstständig. Der nächste Arzt blieb ein Jahr und wechselte dann in eine andere Praxis, die ihm von seinem Nachbarn angeboten worden war. Die gebürtige Griechin Michalitsa Christoforatou, die derzeit in der Praxis behandelt, kehrt Deutschland den Rücken und zieht in ihre Heimat. Drei Ärzte in drei Jahren – keiner will langfristig in Frimmersdorf bleiben.

Ab April bleibt die Praxis geschlossen, da Fecht keinen Nachfolger findet. Seit mehr als einem halben Jahr ist er bereits auf der Suche, arbeitet mit der Kassenärztlichen Vereinigung zusammen, gibt viel Geld für Anzeigen aus und engagiert sogar professionelle Headhunter – ohne Erfolg. Fecht versteht das nicht: „Eigentlich ist das ein guter Standort mit vielen Patienten. Doch ohne Arzt kann ich die Praxis nicht halten.“

Patienten müssen sich
einen neuen Hausarzt suchen

Für die Patienten hat die Schließung große Auswirkungen. Sie müssen sich eine neue Hausarztpraxis in der Umgebung suchen. „Die Kollegen in Neuenhausen, Gustorf und Neurath sind voll und arbeiten schon an der oberen Belastungsgrenze“, sagt Fecht, der selbst eine Praxis in Neurath besitzt. „Ich werde soweit es geht versuchen, neue Patienten aufnehmen.“ Aber: „Drängen noch mehr Patienten in die überfüllten Praxen, dann ist das keine Medizin mehr, sondern Massenabfertigung“, sagt Fecht. Die wahrscheinlichste Lösung: Frimmersdorfer müssten sich in Düsseldorf oder Köln nach einem Hausarzt umsehen.

Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNo) gibt derweil Entwarnung. Im gemeinsamen hausärztlichen Versorgungsbezirk von Grevenbroich, Jüchen und Rommerskirchen sind nach Angaben der KVNo derzeit etwa 60 Hausärzte niedergelassen. „Der rechnerische Versorgungsgrad liegt bei knapp 100 Prozent“, sagt Pressesprecher Heiko Schmitz. „Gemessen daran ist die hausärztliche Versorgung also formal noch im grünen Bereich, auch wenn die Praxis definitiv schließen sollte“. Erst ab einem Versorgungsgrad von 75 Prozent bestünde rechnerisch eine Unterversorgung. Doch es zeige sich auch, dass die Arbeitsbelastung der niedergelassenen Haus- und Fachärzte in Grevenbroich sehr hoch sei.

Fecht liefert Gründe, warum die Suche nach einem Nachfolger schiefläuft. „Viele Ärzte wollen lieber in Gemeinschaftspraxen arbeiten, weil das nicht so stressig ist“, sagt er. Das erkennt auch die KVNo. Seit 2014 sei der Anteil angestellter Hausärzte, die zum Beispiel in Großpraxen oder Medizinischen Versorgungszentren arbeiten, im Rheinland von elf auf mittlerweile 18 Prozent angewachsen.

Fecht moniert, dass junge Ärzte nicht gewillt seien, auf dem Land zu arbeiten. „Immer wird gesagt, dass der Ärztemangel keine Auswirkungen für Grevenbroich hat, doch das stimmt nicht.“ Er glaube sogar, dass sich die Situation in den kommenden Jahren noch verschlimmere.

Diese Entwicklung bleibt auch der KVNo nicht verborgen. „Aus der Vielzahl an Gesprächen mit jungen Ärztinnen und Ärzten wissen wir, dass der Trend insbesondere für eine Tätigkeit im urbanen Umfeld grundsätzlich ungebrochen ist“, sagt Schmitz, schränkt aber ein: „Aufgrund der geographischen Nähe zu den Städten Neuss, Düsseldorf, Mönchengladbach und Köln hat die Region Grevenbroich aber vergleichsweise gute Karten im Wettbewerb um junge Mediziner“.

(jlu)
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