25 Jahre Forschungsstelle Rekultivierung Die Rekultivierung schafft neues Wissen

Grevenbroich/Jüchen. · Bei der Herstellung des Naturcharakters des Tagebaus sammeln die Verantwortlichen viele wertvolle Informationen.

 1988 war von den Anstrengungen noch nicht viel zu sehen.

1988 war von den Anstrengungen noch nicht viel zu sehen.

Foto: RWE

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus mittlerweile 25-jähriger Rekultivierungspraxis im Rheinischen Revier sind „ein riesengroßer Schatz, den es für die Nachwelt zu erhalten gilt“ – das betonen Gregor Eßer und Werner Sihorsch. Eßer ist seit 2016 Leiter der Forschungsstelle Rekultivierung auf Schloss Paffendorf, Sihorsch dessen Vorgesetzter. Er ist als Abteilungsleiter für Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Ökologie zuständig. Sihorsch verfolgt und gestaltet die Rekultivierung bei RWE beziehungsweise Rheinbraun von Anfang an.

Und nach 25 Jahren zeichne sich zwar mit dem für 2038 angekündigten Kohleausstieg das Ende der landwirtschaftlichen Rekultivierung ab. Das Jahr 2050 sei da die Wegmarke. Doch der grüne Strukturwandel beginne jetzt, kündigt Eßer an. Und der sei eine Aufgabe für „noch sehr viele Jahre“, wissen beide. Eine spannende und neue Herausforderung werde dabei die ökologische Begleitung bei der Anlage für den geplanten großen See: „Das ist für uns Neuland, und wir werden sicherlich die ökologische Begleitung übernehmen“, freut sich Eßer.

Die Lebensqualität soll sich durch den Strukturwandel verbessern

Er beschreibt den grünen Strukturwandel so: „Im Strukturwandel geht es nicht nur um die Arbeitsplätze, sondern auch um die weichen Standortfaktoren, die die Lebensqualität im Rheinischen Revier schaffen.“ Eine ganz wichtige, zukunftsgerichtete weitere Aufgabe der Forschungsstelle Rekultivierung, die ihre vielzähligen „Freilandlabore“ jedes Jahr im Durchschnitt zehn Universitäten auch international zur Verfügung stellt, sieht Werner Sihorsch auch künftig im weiteren Wissenstransfer.

Gerade in dieser Woche hielt sich zum Beispiel eine Gruppe Brasilianer zu einem Seminar mit Sihorsch auf Schloss Paffendorf auf. Die Experten aus den brasilianischen Erzbergwerken wollten von den rheinischen Rekultivierungserkenntnissen Übertragbares für ihre Praxis erlernen.

Für Sihorsch ist das Nonplusultra der Rekultivierung der ganz frühe Beginn eines regelrechten Bodenmanagements mit einer Bodeninventur: „Noch bevor der erste Bagger kommt, setzen wir schon mit der Rekultivierungsplanung an“, verrät er ein offenes Geheimnis, wie der spätere Bodenaufbau und die Bodenqualität erreicht werden.

Der Abraum kommt
der Rekultivierung zugute

Dabei leiste das schon im Jahr 1961 in Nordrhein-Westfalen verabschiedete „Lössabkommen“ bis zum heutigen Tage gute Dienste. Denn anders als etwa auf den Tagebaukippen in der ehemaligen DDR oder in Osteuropa werden laut Sihorsch im Zuge des Tagebaus im rheinischen Revier die wertvollen Böden gesichert und für die Rekultivierung bereitgehalten. Eine Sicherung der ganz anderen Art, nämlich die nachträgliche Digitalisierung der Papierdokumente aus den Anfangsjahren der Rekultivierung, hat sich der Abteilungsleiter Rekultivierung für die letzten vier Jahre bis zu seinem Ruhestand vorgenommen – eine Mammutaufgabe, mit der ein Team, zu dem teilweise auch RWE-Rentner gehören, beschäftigt sei.

Für Gregor Eßer vervollständigt sich mit wertvollen Dokumentation der Anfangsjahre auch das Bild der wissenschaftlichen Entwicklung im Bereich der Rekultivierung, die mittlerweile immer mehr nach ganzheitlich-ökolgischen Gesichtspunkten betrachtet wird. Sie ist (wie berichtet) in jüngster Zeit in eine regelrechte Biodiversitätsstrategie eingeflossen. Sihorsch und Eßer erinnern sich noch an die Zeiten, als die Ökologen nur milde belächelt wurden: „Die hängen doch nur Nistkästen auf,“ habe es anfangs über sie geheißen. Doch das habe sich enorm gewandelt: „Heute ist bei uns die Ökologie die Klammer für alle Bereiche der Rekultivierung“, betont Sihorsch. Und Eßer erlebt an dem Zulauf auch aus internationalen Universitäten, dass die in den vergangenen 25 Jahren entwickelten ökologischen Strategien und Erfolge von Studenten, aber auch von Professoren und Forschern, immer wieder als Lern- und Lehrmodelle aufgenommen werden.

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