Verfolgungsjagd in „Cobra-11-Manier“ Räuber bedroht Krefelderin mit Teppichmesser

Grevenbroich/Krefeld · Ein Grevenbroicher steht vor Gericht, weil er zwei Frauen überfallen haben soll. Er brauchte wohl Geld für eine Wohnmobil-Tour.

 Der Angeklagte verdeckt sein Gesicht mit einem Ordner, davor sitzt sein Verteidiger Ingo Herbort.

Der Angeklagte verdeckt sein Gesicht mit einem Ordner, davor sitzt sein Verteidiger Ingo Herbort.

Foto: Marc Pesch

Es war eine kuriose Variante, um sich Urlaubsgeld zu beschaffen: Ein 56-jähriger Familienvater aus Wevelinghoven soll Ende Juli zwei Autofahrerinnen auf Supermarkt-Parkplätzen überfallen und dadurch mehr als 3000 Euro erbeutet haben. Seit Donnerstag muss er sich vor dem Landgericht Mönchengladbach verantworten. Der Prozess begann mit einem umfassenden Geständnis.

„Das, was in der Anklage steht, ist alles richtig“, gab der frühere Betreiber eines Logistik-Unternehmens am Düsseldorfer Flughafen unumwunden zu. „Mir tut alles sehr leid, ich möchte mich bei den Opfern auch entschuldigen.“ Der Mann, der zuletzt bei einem Chemieunternehmen in der Region gearbeitet hatte, war am 31. Juli vergangenen Jahres auf dem Marktplatz in Wevelinghoven völlig unvermittelt zu einer Frau ins Auto gestiegen. „Ich kam von der Arbeit, war noch bei Aldi zum Einkaufen“, berichtete die 60-jährige Grevenbroicherin, „plötzlich saß er neben mir und bedrohte mich mit einem orangen Teppichmesser mit ausgefahrener Klinge.“ Der Mann hatte sie aufgefordert, ihm das Portmonee, die EC-Karte samt PIN-Nummer und das Handy zu überlassen.

Nach Überfall drei Wochen lang krankgeschrieben

„Anschließend sollte ich losfahren. Weil es dauernd piepte, habe ich noch zu ihm gesagt, er solle sich anschnallen“, berichtete die Zeugin. Am Ortsrand von Kapellen habe sie den Audi schließlich stoppen und verlassen müssen. Anschließend sei der Angeklagte mit dem Auto weggefahren. „Ich habe daraufhin auf der Straße winkend einen Lkw angehalten, der Fahrer hat die Polizei gerufen.“ Nach dem Überfall sei sie drei Wochen lang krankgeschrieben und in psychologischer Behandlung gewesen. Die Tat habe sie zwar durchaus verkraftet, den Wagen aber musste sie verkaufen. „Da konnte ich mich einfach nicht mehr reinsetzen.“ Der Angeklagte bedauerte die Tat. „Ich schäme mich, es tut mir leid“, erklärte der Grevenbroicher. Er war mit dem gestohlenen Auto letztlich zurück zum Marktplatz gefahren und hatte dort mit der EC-Karte 2000 Euro vom Konto der Frau abgehoben. Ähnlich lief auch der zweite Überfall – der fand auf einem Edeka-Parkplatz in Krefeld-Uerdingen statt. Das ebenfalls 60 Jahre alte Opfer wurde später in der Nähe einer Müllverbrennungsanlage am Stadtrand von Krefeld ausgesetzt, die Frau berichtete von Todesangst. Auch sie hatte der Mann mit einem Teppichmesser bedroht.

Eine Verfolgungsjagd in „Cobra-11-Manier“

Mit ihrem Auto – ebenfalls einem Audi – war er bis zu seinem Wohnort in Wevelinghoven geflüchtet. Dort entdeckte eine Polizeistreife den gestohlenen Wagen auf dem Marktplatz. Als die Beamten den Fahrer überprüfen wollten, gab der Gas.

Nach Angaben von Staatsanwalt Stefan Lingens kam es fortan zu einer wilden Verfolgungsjagd. In „Cobra-11-Manier“ ging es mit Tempo 140 durch Ortschaften und über Landstraßen. „Von Wevelinghoven fuhr der Mann mit hoher Geschwindigkeit durch Noithausen, dann Richtung Bedburdyck“, so Lingens, „anschließend ging es zurück nach Noithausen.“ Dort konnte er auf der engen Grabenstraße an einer Polizeisperre gestoppt werden. Der 56-Jährige raste in einen Streifenwagen und wurde festgenommen.

Das Motiv: Der Mann brauchte Urlaubsgeld. Er hatte sich nach 24 Jahren Ehe von Frau und Kindern getrennt. Mit seiner neuen Freundin wollte er eine Wohnmobil-Tour machen – aber dafür reichte das Geld nicht. Sein Erspartes von angeblich 35 000 Euro will der Angeklagte verloren haben, so sei er zum Räuber geworden. Im Falle einer Verurteilung drohen dem Angeklagten mehr als fünf Jahre Haft. Das Urteil soll am kommenden Dienstag verkündet werden. mape

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