Grevenbroicher (56) verurteilt Grevenbroicher muss fast acht Jahre in Haft

Grevenbroich · Der „Teppichmesser-Räuber“ hatte die Taten schon zu Prozessbeginn gestanden.

 Der Angeklagte verdeckt sein Gesicht mit einem Ordner.

Der Angeklagte verdeckt sein Gesicht mit einem Ordner.

Foto: Marc Pesch

. Ein 56-Jahre alter Mann aus Grevenbroich muss nun für sieben Jahre und neun Monate in Haft. Das Landgericht Mönchengladbach verurteilte den früheren Firmeninhaber wegen schwerer räuberischer Erpressung und erpresserischen Menschenraubs in zwei Fällen sowie wegen Straßenverkehrsgefährdung. Er hatte Autofahrerinnen auf Supermarktparkplätzen in Wevelinghoven und Krefeld überfallen, entführt und 3000 Euro mit ihren EC-Karten erbeutet.

Schon zum Prozessauftakt hatte der dreifache Familienvater die Taten gestanden. Dennoch versuchte sein Verteidiger Ingo Herbort, vor Gericht noch einen minderschweren Fall der räuberischen Erpressung zu konstruieren. Dabei helfen sollte ihm ein Psychotherapeut aus Düsseldorf. Bei ihm war der Angeklagte vor sieben Jahren in Behandlung. Der Grund: Verlustängste und Depressionen. „Die Therapie war erfolgreich“, gab der Mediziner zu Protokoll, „Anzeichen für eine psychiatrische Störung lagen nicht vor.“

Mit dieser Aussage waren für die Verteidigung die letzten Hoffnungen auf ein milderes Urteil dahin. Staatsanwalt Stefan Lingens forderte anschließend neun Jahre Haft – zum einen wegen der beiden Raubüberfälle, zum anderen auch wegen einer halsbrecherischen Verfolgungsjagd. „Da hätte wer weiß was passieren können“, so Lingens. Tatsächlich dauerte das spektakuläre Geschehen mehr als sieben Minuten. Die Polizei hatte die Verfolgungsjagd mit einer Kamera aufgezeichnet. Auf dem Film, der im Verhandlungssaal gezeigt wurde, war zu sehen, wie Autofahrer gleich mehrfach in höchster Not auf der Landstraße zwischen Noithausen und Bedburdyck in den Grünstreifen fuhren, um Frontal-Kollisionen zu verhindern.

Erst auf der engen Grabenstraße in Noithausen konnte der Angeklagte mit seinem gestohlenen Audi Q3 gestoppt werden. Dort raste er frontal in einen Streifenwagen, ein anderes Polizeifahrzeug fuhr ihm in die Fahrertür. Anschließend sprang ein halbes Dutzend bewaffneter Polizisten aus dem Wagen, einer schlug das Seitenfenster der Fahrertür ein, um den 56-Jährigen dingfest zu machen – Szenen wie in einem Actionfilm.

Die Verteidigung hatte in ihrem Plädoyer sechseinhalb Jahre Haft für angemessen gehalten. „Es war eine dilettantische Verzweiflungstat“, so Anwalt Ingo Herbort, „mein Mandant hat die Überfälle nicht nur ohne Maskierung begangen, sondern er ist auch später dort mit den gestohlenen Autos umhergefahren und hat seine Freundin und deren Sohn durch die Gegend kutschiert.“ Der 56-Jährige hatte Geld gebraucht, um einen geplanten Urlaub antreten zu können. „Er musste ja fast zwangsläufig auffallen, hatte bei seinen Taten nicht mal eine Sonnenbrille an“, so der Verteidiger.

Auch das Gericht sprach von dilettantisch ausgeführten Taten. Das führte allerdings nicht zu einem milden Urteil. Mit sieben Jahren und neun Monaten blieb das Gericht nur knapp unter der von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafe, auch wenn das Geständnis ebenso strafmildernd gewertet wurde wie die Tatsache, dass sich der Angeklagte im Prozess bei den Opfern entschuldigt hatte. Die Verteidigung kann dagegen noch Revision einlegen. „Der Mandant ist natürlich enttäuscht“, so Anwalt Herbort – frühestens in gut fünf Jahren kann er auf eine vorzeitige Entlassung hoffen. mape

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