Verband in Grevenbroich Blinde fürchten sich vor Elektrofahrzeugen

Grevenbroich. · E-Scooter sind wie E-Autos für Sehbehinderte nur sehr schwer wahrzunehmen.

 Andrea Eberl mit ihrem Blindenführhund „Enny“. Die Grevenbroicherin warnt vor Gefahren, die von Elektrofahrzeugen ausgehen.

Andrea Eberl mit ihrem Blindenführhund „Enny“. Die Grevenbroicherin warnt vor Gefahren, die von Elektrofahrzeugen ausgehen.

Foto: Dieter Staniek

Das Problem ist in Grevenbroich zwar noch nicht gravierend. Dennoch weist der Sehbehindertenverband für den Rhein-Kreis-Neuss auf die Gefahr durch E-Scooter und E-Autos hin. „Blinde Menschen haben große Probleme mit diesen Fahrzeugen“, sagt Andrea Eberl, selbst blind und im Verband aktiv. „E-Autos sind lautlos und nur schwer wahrzunehmen. Vor allem wenn man sich auf sein Gehör verlässt, kann das fatal sein“, ergänzt Vorsitzender Frank Hürten. Zudem seien die massenhaften E-Scooter, etwa in Düsseldorf, auch eine Gefahr, wenn sie nicht fahren.

Andrea Eberl hat am Wochenende in der Landeshauptstadt den Test gemacht: „An vielen Stellen liegen die E-Scooter der Verleihfirmen herum, weil die Nutzer sie nicht zurück in die Stationen gebracht haben. Das sind echte Stolperfallen, auch wenn sie mit ihrem Langstock unterwegs sind“, schildert die 55-Jährige. Auch Rollstuhl- oder Rollator-Fahrer hätten ihre Probleme damit, müssten die herumliegenden E-Scooter umfahren.

Das größere Problem für Sehbehinderte oder Blinde sei jedoch die Lautlosigkeit der E-Scooter: „Sie sind nicht zu hören – es sei denn, wenn sie durch Pfützen fahren“, erzählt Eberl. Diese Erfahrung habe sie erst am vergangenen Sonntag gemacht, als es den ganzen Tag über regnete. Etliche Mitglieder ihres Verbandes hätten sich bereits beschwert – „sie haben Angst, von den Elektrofahrzeugen umgefahren zu werden“, schildert die Grevenbroicherin. Verbieten wollen Eberl und Hürten die elektronischen Gefährte aber natürlich nicht. „Es wäre schon viel damit geholfen, die elektrobetriebenen Tretroller so auszurüsten, dass sie irgendein Geräusch machen“, fordert Eberl.

Dass es auch anders geht, beweist die EU, die den Herstellern auferlegt hat, bei E-Autos ein Warnsignal für Passanten einzubauen. Das sogenannte „Acoustic Vehicle Alerting System“ (akustisches Fahrzeug-Alarmiersystem) müssen alle neuen Fahrzeugtypen enthalten, die seit dem 1. Juli 2019 von der EU genehmigt werden sollen. Auch wenn einige wie ein Raumschiff klingen, ist das immer noch mehr als gar kein Geräusch. Zwei Haken hat die Sache aber: Die EU hat zwar die Vorgabe gemacht, dass E-Autos bis 20 Stundenkilometer ein Geräusch zwischen 56 und 75 Dezibel von sich geben müssen. Bis Juli 2021 dürfen aber noch Autos bestehender Baureihen ohne Signal zugelassen werden. Und Angaben, was für ein Geräusch es sein soll, macht die EU auch nicht. Das führt unter anderem dazu, dass etwa der Hyundai Ioniq ein bisschen wie ein Raumschiff klingt, während ein BMW eher sphärisch anmutende Klänge von sich gibt.

Die Klangkulisse eines i3 sei von Akustikingeneuren und Experten der Psychoakustik entwickelt worden, teilt BMW-Sprecher Martin Tholund auf Nachfrage unserer Redaktion mit. Zwischen 25 und 30 Stundenkilometern werde das Geräusch ausgeblendet, da ab Tempo 30 die Wind- und Abrollgeräusche etwa die Lautstärke eines Verbrennungsmotors erreichten. Bei der Entwicklung des Klangs sei darauf geachtet worden, eine möglichst hohe Wahrnehmbarkeit zu erreichen, ohne störend auf Anwohner oder Passanten zu wirken.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort