Ausländeramt in Grevenbroich Familie bei „Nacht und Nebel“ abgeholt

Grevenbroich. · Eine Pflegefachkraft aus Georgien wurde mit ihrem Mann und ihrem Kind abgeschoben.

Sie kritisieren die Abschiebung einer Familie nach Georgien (v.l.): Gisela Hassels (Betreuerin), Angela Richter (Freundin) und Lilli Diller, die Arbeitgeberin der Familienmutter.

Sie kritisieren die Abschiebung einer Familie nach Georgien (v.l.): Gisela Hassels (Betreuerin), Angela Richter (Freundin) und Lilli Diller, die Arbeitgeberin der Familienmutter.

Foto: Gundhild Tillmanns

In einer „Nacht-und Nebel-Aktion“ sei eine georgische Familie, die zuletzt in Glehn wohnhaft war, vom Kreisausländeramt in Grevenbroich abgeschoben worden. Der in seiner Heimat wegen seiner politischen Überzeugung mit dem Tode bedrohte Familienvater, die Frau, die zuletzt als qualifizierte Pflegekraft gearbeitet habe und das behinderte dreijährige Kind seien ohne Vorankündigung morgens um 5.20 Uhr von fünf Polizisten geweckt und nur mit einer Plastiktüte als einziger Habe abgeführt und ins Flugzeug nach Tiflis gesetzt worden: Das berichten Lilli Diller, die Arbeitgeberin der Georgierin, die einen ambulanten Pflegedienst in der Region betreibt, Angela Richter, eine Freundin der Familie, und die ehrenamtliche Betreuerin Gisela Hassels. Das behinderte Kind sei durch die Abschiebung völlig traumatisiert, haben die Frauen, die nach der Aktion mit der Familie telefoniert hatten, erfahren.

Ausbildung im Herkunfstland
oft weitaus breiter aufgestellt

Die drei Frauen kritisieren nicht nur die Art der Abschiebung. Lilli Diller sagt außerdem: „Ich kann auf dem Markt schon lange keine deutschen Pflegekräfte mehr finden.“ Sie sei daher auf Frauen, wie die abgeschobene Georgierin, angewiesen, die im Übrigen in ihren Herkunftsländern oftmals eine weitaus breiter aufgestellte Ausbildung genossen hätten, als es in Deutschland üblich sei. „Aber die Ausbildung wird in Deutschland nicht anerkannt“, weiß die gebürtige Kasachin. Sie selbst habe ein halbes Jahr lang umsonst auf einer Intensivstation arbeiten müssen, um ihre Berufsanerkennung zu bekommen. Und die nun abgeschobene Frau habe ebenfalls zunächst kostenlos gearbeitet und auch schon recht gut Deutsch gelernt: „Ich hätte sie dringend gebraucht“, sagt Pflegedienst-Betreiberin Diller und fügt hinzu: „Der Fachkräftemangel in der Pflege ist noch viel größer, als es die Öffentlichkeit weiß.“

Das Kreisausländeramt
weist die Vorwürfe zurück

Das in Grevenbroich ansässige Kreisausländeramt, das mit dem Fall der Georgischen Familie betraut war, weist die Kritik der Frauen an der Art der Abschiebung aber zurück. Generell müssen Abschiebungen (nach Paragraf 60a, Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes) nicht angekündigt werden, informiert Kreispressesprecher Benjamin Josephs nach Rücksprache mit dem Ausländeramt in Grevenbroich. Ausnahmetatbestände hätten bei der georgischen Familie nicht vorgelegen. „Bei der Abschiebung waren drei Mitarbeiter unserer Ausländerbehörde sowie zwei Polizisten vor Ort. Der Familie wurde von den Mitarbeitern unserer Ausländerbehörde auf Englisch mitgeteilt, dass sie zum Flughafen Düsseldorf gebracht und dann in ihr Heimatland geflogen werden“, sagt der Leiter der Kreispressestelle.

Die Familie habe ihre Koffer bereits gepackt und habe diese mitgenommen. „Hinweise darauf, dass die Familie nicht wusste, dass sie abgeschoben wird, haben sich nicht ergeben“, berichtet Josephs weiter. Und zu der Behinderung des Kindes, die möglicherweise als ein Abschiebehindernis hätte bewertet werden können, teilt Josephs mit: „Nach dem Aufenthaltsgesetz wäre die Familie verpflichtet gewesen, etwaige Erkrankungen der Ausländerbehörde zu melden.“

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