Delrather Drama: Prozessbeginn

Der 44-jährige René A. muss sich seit gestern wegen Totschlags verantworten.

Dormagen/Düsseldorf. Es war eine schwierige Beziehung: geprägt von mehr als 20 Jahren Altersunterschied, wenigen Gemeinsamkeiten, seinem intensivem Kokain- und Alkoholkonsum, schier unzähligen Trennungen und Versöhnungen. Über Jahre waren Jenny A. und ihr Mann René A. mal ein Paar, dann wieder getrennt — auch die Hochzeit brachte keine Stabilität.

Ihren tragischen Höhepunkt erreichte die Geschichte der Dormagenerin und des Kölners laut Anklage an einem Sonntag Ende vergangenen Oktobers: Da saß Jenny mit ihrem besten Freund Micha auf dem Ecksofa in ihrem Wohnzimmer, schüttete ihr Herz aus. Es war das letzte Gespräch der beiden. Micha starb auf Jennys Sofa, erschossen von ihrem Ehemann. Seit gestern muss sich René A. wegen Totschlags vor dem Landgericht Düsseldorf verantworten. A. hatte sich kurz nach der Tat der Kölner Polizei gestellt und ein Geständnis abgelegt, das er gestern vor Schwurgericht, Familie und Freunden des Opfers wiederholte.

„Jenny konnte mir das Gefühl geben, dass ich ihr Gott, dass ich alles für sie bin, und mich im nächsten Moment behandeln wie einen ausgepeitschten Hund. Es war immer sehr kontrovers zwischen uns“, sagt der Kölner. „Aber ich habe diese Frau geliebt. Ich hätte alles für sie getan, habe mich von ihr abhängig gemacht.“

Kennen lernten sie sich in einer Gaststätte. Jenny war damals 14 Jahre alt. Wenige Monate später begegneten sie sich im Karneval wieder — und begannen eine Affäre. „Ich war verliebt in ihn, wollte ihn haben, damals schon“, sagt die 23-Jährige mit nüchterner Stimme.

Mit 16 Jahren lernte sie den späteren Vater ihrer Tochter kennen, einen Portugiesen. Drei Jahre hielt die Beziehung. Eine Zeit, in der Jenny und René A. keinen Kontakt hatten. „Gedacht habe ich oft an ihn. Als ich 19 war, kamen wir wieder zusammen.“

Im Dezember 2009 heiratete das Paar — bereits im Februar folgte eine erneute Trennung. „Mir ist die Hand ausgerutscht. So wollte ich nicht sein“, sagt der 44-Jährige, fährt sich durch das Gesicht.

Im Sommer raufen sie sich wieder zusammen, diesmal in getrennten Wohnungen. Im Oktober dann die endgültige Trennung: „Es ist Schluss“, schreibt Jenny laut Anklage über einen Online-Dienst. René A.: „Ich war völlig fertig, hatte das Gefühl, mein Leben ist vorbei.“ Er nimmt seine Pistole, fährt zu Jennys Wohnung in Delrath. Sie ignoriert sein Klingeln. „Also hab’ ich die Tür eingetreten. Ich wollte doch nur mit ihr reden.“ Wenige Schritte sind es von der Tür zum Sofa. Jenny: „Er hat Micha die Waffe fast direkt an den Kopf gehalten. ,Entweder du redest mit mir, oder ich knall den ab‘, hat er gesagt. Bevor ich antworten konnte, hat er geschossen.“

„Ich hab’ nicht mal den Schuss gehört, nur gesehen, wie der Kopf von dem zurücksinkt. Was hast du getan, dachte ich. Der Junge war nett“, sagt der 44-Jährige stockend. Unter den Zuhörern beginnt eine Frau zu schluchzen, verlässt am Arm eines Mannes den Saal. „Hättest du dich umgebracht. Du hast eine Familie zerstört“, ruft der Zuhörer mit bebender Stimme in den Raum. René A. bricht in Tränen aus. „Es tut mir so leid“, sagt er. „Der macht einen auf Mitleid“, raunt ein weiterer Besucher und schüttelt den Kopf.

Der Prozess wird am 31. Mai fortgesetzt.

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