Das Zugpferd der Industrie

Die Industriebahn Zons-Nievenheim feiert ihren 100. Geburtstag.

Dormagen. Manch gehetzter Autofahrer mag schimpfen, wenn sich vor ihm die Schranke senkt, um die Industriebahn passieren zu lassen. Für die Speditionen und produzierenden Unternehmen im Dormagener Norden ist die rot-weiße Zugmaschine allerdings unverzichtbar. Sie garantiert den Betrieben im Dreieck zwischen Alu Norf im Norden, dem Stürzelberger Containerterminal UCT im Osten und dem Landmaschinen-Auktionshaus Euro-Auctions im Süden den Anschluss ans Schienennetz der Deutschen Bahn.

Am Dienstag feierte die am 29. November 1911 vertraglich beschlossene Industriebahn Zons-Nievenheim ihren 100. Geburtstag. Eigentümer ist heute die Häfen und Güterverkehr Köln AG (HGK). Sie hatte „das Zugpferd der regionalen Industrie“, wie die HGK es selber nennt, 2005 von der Verkehrsgesellschaft Dormagen GmbH (VGD), einem städtischen Tochterunternehmen, gekauft.

„Wir haben damals zwar die gesellschaftlichen Beziehungen gekappt, aber die Bahn ist und bleibt ein wichtiges Wirtschaftsförderungsinstrument für die Stadt“, betonte Bürgermeister Peter-Olaf Hoffmann am Dienstag bei einer kleinen Feierstunde in der Delrather Lokhalle. Dank des zehn Kilometer langen Gleisnetzes finden Firmen, die sich in den Industriegebieten von Stürzelberg oder Delrath ansiedeln, dort die ideale Anbindung an Schiene, Straße und den Wasserweg. „Ein Alleinstellungsmerkmal im Rhein-Kreis Neuss“, findet Hoffmann. Als sich vor 100 Jahren Stadt Zons, die Gemeinde Nievenheim und das Frankfurter Unternehmen Höttger & Waldhausen mit jeweils 100 000 Reichsmark Eigenkapital zur Gründung der Industriebahn entschlossen, fiel der Startschuss für die Industrialisierung des Dormagener Nordens. An die 1964 begonnene A57, heute die Hauptschlagader zwischen Köln und dem Niederrhein, war noch nicht zu denken. Zinkhütte und Chemiefabriken, Zuckerproduktion und eine Brauerei sorgten für stetiges Wachstum bei der Industriebahn.

Bereits 1914 transportierte sie 84 252 Tonnen im Jahr. 1998 wurde erstmals die Schallgrenze von einer Million Tonnen durchbrochen. Heute besteht die Ladung zum größten Teil aus 32,5 Tonnen schweren Aluminiumbarren, die vom Stürzelberger Hafen zu Alu Norf transportiert werden. Immer sonntags übernimmt die Industriebahn sogar die innerbetrieblichen Transporte auf dem Gelände der Neusser Aluminiumhütte.

Sieben Mitarbeiter beschäftigt die HGK vor Ort. Sie sorgen dafür, dass täglich neun Züge mit bis zu 45 Waggons bei den 14 ans Netz angeschlossenen Partnern ein- und ausfahren. Am Übergabebahnhof in Nievenheim werden die Ladungen dann von der Deutschen Bahn übernommen. „Drei Züge kommen täglich rein, zwei gehen raus“, erklärt Hermann-Josef Heups von der HGK.

Sieben Tage in der Woche ist die Industriebahn von 5 Uhr bis 20 Uhr im Einsatz. So wurden 2010 fast 40 000 Waggons bewegt. Horst Leonhardt, Sprecher der HGK-Geschäftsführung, sagt der Industriebahn Dormagen-Zons auch in Zukunft eine gute Entwicklung voraus: „Auf der Straße allein sind die Gütermengen nicht zu bewältigen. Hätte man die Bahn vor 100 Jahren nicht gegründet, man müsste es heute tun.“

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