Straßenbau in Dormagen Bürgerinitiative im Aufwind

Delrath. · Die Bürgerinitiativen Delrath und Elvekum sehen sich durch das Seveso-Gutachten bestätigt. Gerichte würden das Vorhaben wegen des zu geringen Abstands zum Gashändler GHC nicht billigen. Der Kreis ist dagegen zuversichtlich.

 Der Abstand des Gashandels GHC (auf dem Foto oben rechts gelegen) zu einer möglichen neuen Trasse zur A57 ist formal gesehen zu gering.

Der Abstand des Gashandels GHC (auf dem Foto oben rechts gelegen) zu einer möglichen neuen Trasse zur A57 ist formal gesehen zu gering.

Foto: Georg Salzburg (salz)

Die beiden Bürgerinitiativen (BI) „Lebenswertes Delrath“ und Elvekum im Neusser Süden fordern den Rhein-Kreis Neuss auf, die Planungen für die Autobahnanschlussstelle Delrath einzustellen.

Das in der vergangenen Woche vorgelegte abschließende Seveso III-Gutachten habe keine neuen Erkenntnisse gebracht, heißt es, sondern lediglich den notwendigen Mindestabstand von 800 Metern zwischen geplanter Trasse und dem als Störfallbetrieb eingeschätzten Gashandel GHC bestätigt. „Unser Fazit lautet daher“, sagen die beiden Sprecher der BI Delrath, Andrea Johann und Nikolaus Wiesenberger, „dass eine Einstellung des Verfahrens sowohl aus Kostengründen als auch zur Vermeidung von gesundheitlichen Schäden der Bevölkerung für dringend geboten ist“.

Dorothee Helten von der BI Elvekum, wird deutlich: „Entscheidend ist am Ende die rechtliche Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichts und in der Folge des Europäischen Gerichtshofs im Klageverfahren.“ Der Rhein-Kreis glaubt an einen positiven Ausgang des Abwägungsprozesses.

Kreis will an Bauprojekt unbedingt festhalten

Bei den beiden Bürgerinitiativen aus Dormagen und Neuss herrscht die Überzeugung, dass der Anschluss Delrath nicht genehmigungsfähig ist. So sei „durch offiziell zugängliche Unterlagen“, so Helten, belegbar, dass das Bundesverkehrsministerium vor 20 Jahren einer Anschlussstelle Delrath nur mit dem Argument „S-Bahnanknüpfung“ zugestimmt“ habe. „Auch in dem aktuellen Prüfvermerk des Ministeriums ist dieses Argument nach wie vor alleine ausschlaggebend.“ Dies ist beim Rhein-Kreis nicht bekannt, sagt Kreis-Umweltdezernent Karsten Mankowsky.

Er betont, dass man eine weitere Genehmigung mit aktuellen Daten beantragt und eine „technischen Gesehensvermerk“ erhalten habe. Bedeute: „Das ist in Ordnung“,
sagt Mankowsky.

Die Initiativen haben sich nach eigenen Angaben sehr intensiv mit allen öffentlich zugänglichen Unterlagen befasst. Sie teilen nicht die Auffassung des Rhein-Kreises, dass das 2017 vorgelegte Verkehrsgutachten der „Durchbruch“ wäre. Die Schlussfolgerungen des Gutachters könne nur eine rein persönliche Einschätzung sein. Dorothee Helten: „Nicht das Verkehrsgutachten ist entscheidend, sondern die rechtliche Bewertung des Störfallbelangs.“

Die Initiative führt weiter aus: „Bis jetzt ist für uns nicht erkennbar ausreichend begründet worden, warum die angeblichen Verkehrsentlastungen und die Entwicklung Silbersee so wichtig sein sollen, dass damit fast 90 Prozent Abstandsunterschreitung zu einem Störfallbetrieb, Eingriffe in den Artenschutz, exorbitante und bis jetzt nicht transparent kalkulierbare Kosten, umfangreiche Ausgleichmaßnahmen für Umwelteingriffe, Eingriffe in Eigentums- und Pachtverhältnisse hinten anstehen sollen.“

Diese Haltung fußt darauf, dass bei einem „angemessenen Sicherheitsabstand von 800 Metern ein Straßenbauvorhaben mit 100 bis 200 Metern Minimalabstand zu einem Störfallbetrieb letztlich durch ein Gericht nicht gebilligt wird“.

Die BI Delrath wirft dem Kreis für das mehr als 36 Millionen Euro teure Projekt vor, zu behaupten, dass der Bau des Anschlusses zugelassen werden könne, weil es durch Gutachten gestützt werde. Die BI hält dieses für falsch und zitiert aus einem Erlass des Bundesverkehrsministeriums vom 24. April 2020 an das NRW-Verkehrsministerium. Darin heißt es: „Die Aussage im Erläuterungsbericht... wonach der Gutachter die Zulassung des Vorhabens innerhalb eines angemessenen Abstands bestätigt, findet sich nicht im Gutachten. Der Gutachter beantwortet die Frage ausdrücklich nicht.“

An eine Klagewelle glaubt man beim Rhein-Kreis nicht. „Zunächst gibt es den Eröterungstermin bei der Bezirksregierung“, sagt Mankowsky, „wir haben sehr sorgfältig gearbeitet und wollen dort mit guten Argumenten die Kritiker überzeugen. Ich bin zuversichtlich, dass wir das Projekt ohne Klagen hinbekommen.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort