Zweiter Anlauf Prozess: Missbrauch im roten Cabrio

Wuppertal · Der 71-jährige Angeklagte soll einem Jungen mehrfach Geld für Sex gegeben haben.

 Vor dem Landgericht begann jetzt ein Prozess um sexuellen Missbrauch.

Vor dem Landgericht begann jetzt ein Prozess um sexuellen Missbrauch.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Dass er einige Zeit sexuelle Kontakte zu einem heute 16-jährigen Jungen hatte – das gibt der 71-Jährige zu. Aber nach seiner Darstellung hat sich der Junge ihm selbst angeboten, es sei nur zu einigen wenigen Begegnungen gekommen. Und in keinem Fall habe er Gewalt angewendet. Am Mittwoch begann vor dem Landgericht der Prozess wegen des schweren Missbrauchs eines Kindes beziehungsweise Jugendlichen sowie einer versuchten Vergewaltigung zum zweiten Mal. Ein erster Versuch im Februar war gescheitert.

Laut Anklage soll der ältere Herr, der sehr gepflegt vor Gericht erschien, den Jungen 2016 kennengelernt haben, als dieser zwölf Jahre alt war. Und schon bald soll der Angeklagte sexuelle Handlungen gegen Geld an dem Jungen ausgeführt haben. Laut Staatsanwaltschaft hat es mehr als 70 weitere Übergriffe gegeben, doch das Gericht ließ die Anklage in diesem Ausmaß nicht zu – die Vorwürfe seien nicht konkret genug. Zugelassen ist die Anklage zu zwei Übergriffen und der Vorwurf, dass der Angeklagte einmal Geschlechtsverkehr versucht haben soll, bis es dem Jungen gelang, den Mann wegzudrücken.

Der heute 71-Jährige war im Juli 2019 festgenommen worden. Im Februar sollte der Prozess beginnen. Damals erschien der Junge aber nicht vor Gericht. Zudem gab es Zweifel an dessen bis dahin gemachter Aussage. Daher wurde der Prozess vertagt, der Angeklagte kam aus der Untersuchungshaft auf freien Fuß. Und das Gericht beauftragte einen Gutachter, die Glaubwürdigkeit des Jungen zu prüfen.

Der Angeklagte
räumt Übergriffe ein

Beim zweiten Prozessanlauf räumte der Angeklagte jetzt einige Übergriffe ein: „Ja, es hat drei bis vier Fälle gegeben, die gesetzeswidrig waren.“ Aber viele Behauptungen des Jungen seien „maßlos übertrieben“: Er habe ihn nicht mit in eine Schwulensauna geschleppt, der Junge habe bei ihm zu Hause nicht Scheine im Wert von 30 000 Euro gezählt – so viel habe er nie im Haus. Und dass er den Jungen einmal mit seinem Jaguar abgeholt habe, sei auch falsch. Damals habe er den Jaguar noch nicht besessen. Er habe geglaubt, dass der Junge bei ihrem Kennenlernen 16 Jahre alt war. Ihm ist klar: „Es ist ja eine Katastrophe, wenn er unter 14 ist.“

Kennengelernt habe er den Jungen zufällig bei einem Friseurbesuch – durch einen gemeinsamen Bekannten. Wenige Tage später habe der Junge ihn angerufen, ob sie sich treffen sollten. Und es habe noch einige weitere Anrufe des Jungen gegeben, bevor sie sich nach drei Wochen das erste Mal trafen. „Wir sind mit meinem roten VW-Cabrio irgendwohin gefahren, zu einem Sportplatz oder so.“ Da sei es zum ersten Übergriff gekommen.

„Da ist kein Zwang gewesen“, beteuerte der Angeklagte. „Ich habe immer gefragt und er hat gesagt, dass es kein Problem ist.“ Der Junge habe ihm erzählt, das auch schon mit anderen gemacht zu haben. 15 Euro habe er ihm anschließend für Fahrtkosten und einen Döner gegeben. In der Folge habe es weitere solche Kontakte gegeben. Eine Vergewaltigung aber nicht. Er habe zwar mal nach Geschlechtsverkehr gefragt, das habe der Junge aber abgelehnt.

Computer
beschlagnahmt

Einmal habe der Vater des Jungen ihm ein Foto von sexuellen Handlungen gezeigt, die der Angeklagte an dem Jungen ausgeführt hat. Da habe er sich erpresst gefühlt und den Kontakt abgebrochen. Bis eines Tages der Junge vorübergehend vermisst wurde, die Polizei bei ihm nach ihm suchte. Und wenig später dann seine Computer beschlagnahmte.
Ein Urteil könnte am 29. Juli fallen.

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