Klimaneutralität bis 2045 NRW will Treibhausgase einsparen - Streit um Windkraft

Düsseldorf · Die Erderwärmung schreitet voran, und beim Klimaschutz muss schnell gehandelt werden. Die NRW-Regierung peilt als Ziel für Klimaneutralität jetzt das Jahr 2045 an. Streit gibt es weiterhin um die Windkraft.

 NRW soll 2045 klimaneutral sein. Beim Thema Windkraft gibt es noch Streit.

NRW soll 2045 klimaneutral sein. Beim Thema Windkraft gibt es noch Streit.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Nordrhein-Westfalen soll bis zum Jahr 2045 klimaneutral wirtschaften und hat dafür die Ziele bei der Verminderung schädlicher Treibhausgase verschärft. Der Landtag beschloss am Donnerstag mit den Stimmen der regierenden CDU/FDP-Koalition ein neues Klimaschutzgesetz. Klimaneutralität heißt, dass nicht mehr schädliche Treibhausgase ausgestoßen werden dürfen, als gebunden werden können.

Zugleich beschloss der Landtag mit Regierungsmehrheit auch einen grundsätzlichen 1000-Meter-Mindestabstand von Windkraftanlagen zu Wohnbebauungen - Ausnahmen durch Kommunen sind möglich. In einer hitzigen Debatte warfen Grüne und SPD der Landesregierung vor, den Windkraftausbau zu bremsen. NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) wies dies zurück: „Die Landesregierung steht zum Windausbau in NRW, weil wir den erneuerbaren Energiemix brauchen.“ Die neue Regel trage zu Rechtsfrieden in NRW bei.

Die schwarz-gelbe Landesregierung zog das Zieldatum für Klimaneutralität um fünf Jahre auf 2045 vor, so wie es auch die Bundesregierung für ganz Deutschland kürzlich beschlossen hatte. Grund dafür war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das den Gesetzgeber zu strengeren Klimaschutzzielen verpflichtet hatte.

Die Treibhausgasemissionen in NRW sollen nun bis zum Jahr 2030 um mindestens 65 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 gemindert werden. Bis zum Jahr 2040 ist eine Minderung um mindestens 88 Prozent geplant. SPD und Grüne kritisierten das Gesetz als zu ambitionslos. Es fehlten konkrete Einsparungsvorgaben für einzelne Sektoren wie Verkehr und Industrie. Auch die AfD stimmte gegen das Gesetz.

Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) sagte, der Landtag habe „das ehrgeizigste Klimaschutzgesetz eines Bundeslandes“ verabschiedet. „Deutschland kann seine Ziele nur erreichen, wenn wir hier in Nordrhein-Westfalen unseren Beitrag dazu leisten“, betonte der FDP-Politiker. Das Land stelle zum Erreichen der Ziele 100 Millionen Euro an zusätzlichen Fördermitteln für Klimaschutztechnik bereit. Mit dem Geld ließen sich Gebäude auf eine klimafreundliche Wärmetechnik und Fuhrparks auf klimafreundliche Antriebe umstellen.

Zuvor hatte Pinkwart im WDR 5 gesagt: „Wir sind die Treiber des Klimaschutzes in Deutschland.“ Allein 70 Prozent der Kohleverstromung bei Braun- und Steinkohle werde in NRW abgebaut. „Das ist das größte Klimaschutzprojekt weltweit.“ Erneut stellte Pinkwart einen früheren Kohleausstieg noch vor 2038 in Aussicht. „Wenn wir 2026 sehen, dass wir schneller rausgehen können (...), können wir auch früher aussteigen.“ Das sei aber an viele Voraussetzungen geknüpft.

Die Grünen kritisierten, die schwarz-gelbe Landesregierung sei mit dem Gesetz nur einen „Mini-Schritt“ beim Klimaschutz gegangen. Es werde nicht gesagt, wie die Klimaziele konkret eingehalten werden sollten, sagte die Grünen-Abgeordnete Wibke Brems.

Auf scharfe Kritik der Opposition und von Umweltverbänden stieß die Änderung des Baugesetzbuches durch Schwarz-Gelb, mit der ein 1000-Meter-Abstand für Windräder zu Wohnbebauungen beschlossen wurde. Städte und Gemeinden erhalten aber die Möglichkeit, Windräder auch näher als 1000 Meter an Wohngebäude heranrücken zu lassen.

Der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE NRW) kritisierte, künftig könnten die neuen Mindestabstände schon für Ansiedlungen ab drei Wohngebäuden gelten. Damit blieben im Land kaum noch Flächen für den Ausbau der Windkraft übrig. Mehr als die Hälfte der in NRW aktuell geplanten Windprojekte gerieten in Gefahr.

Zwar sei NRW im vergangenen Jahr nach Angaben der Landesregierung bundesweiter Spitzenreiter beim Windkraftausbau gewesen. Diese Entwicklung werde aber „von der Wirklichkeit wieder eingeholt“. In den ersten sechs Monaten 2021 seien landesweit nur 37 neue Windenergieanlagen errichtet worden.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hatte in der „Rheinischen Post“ (Donnerstag) Mindestabstände für Windräder „Gift für den Klimaschutz“ genannt.

Der SPD-Abgeordnete André Stinka sagte, das Klimaschutzgesetz sei nicht sozialverträglich. „Klimaschutz wird nur dann akzeptiert, wenn es gerecht zugeht.“ Schwarz-Gelb bremse den Windkraftausbau in NRW aus. Daran ändere auch nichts, dass die Abstände nun von 1500 auf 1000 Meter abgesenkt worden seien.

Die AfD sprach von der „Aufführung eines Regentanzes“ durch die Landesregierung bei den Klimaschutzmaßnahmen. Alle Kohlendioxid-Mengen, die in Deutschland reduziert würden, würden „anderswo in Europa in die Luft gepustet“, sagte der AfD-Abgeordnete Christian Loose.

Darüber hinaus beschloss der Landtag auch ein „Klimaanpassungsgesetz“. Die Kommunen in NRW müssen künftig bei allen Vorhaben die Auswirkungen des Klimawandels mitberücksichtigen. Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) sprach von einem „Meilenstein“. NRW sei das erste Bundesland mit einem solchen Gesetz. Städte müssten angesichts des Klimawandels und Extremwetterbedingungen künftig bei der Planung neuer Quartiere etwa Fassaden-Begrünungen mitbedenken.

(dpa)
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