NRW-Landtagswahl Kutschaty gegen Wüst: Das sind die Auffälligkeiten des TV-Duells

Analyse · 75 Minuten im WDR stehen sich die Kandidaten gegenüber. Es ist kein Testosteron-Streit zweier Politik- Alphatiere. Aber Erkenntnisse bietet es trotzdem.

 Solingen: Hendrik Wüst, CDU-Spitzenkandidat und Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, und Thomas Kutschaty (l.), SPD-Spitzenkandidat und Vorsitzender der nordrhein-westfälischen SPD, stehen neben WDR-Chefredakteurinnen Ellen Ehni (2.v.r.) und Gabi Ludwig (2.v.l.) beim TV-Duell der Spitzenkandidaten zur Landtagswahl in NRW in der WDR-Wahlarena in der Alten Schlossfabrik.

Solingen: Hendrik Wüst, CDU-Spitzenkandidat und Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, und Thomas Kutschaty (l.), SPD-Spitzenkandidat und Vorsitzender der nordrhein-westfälischen SPD, stehen neben WDR-Chefredakteurinnen Ellen Ehni (2.v.r.) und Gabi Ludwig (2.v.l.) beim TV-Duell der Spitzenkandidaten zur Landtagswahl in NRW in der WDR-Wahlarena in der Alten Schlossfabrik.

Foto: dpa/Oliver Berg

Was gab das Duell her?
Konzentriert und handzahm ging es zu in der Alten Schlossfabrik in Solingen, wo der WDR das große Rededuell inszeniert hatte. Ein Duell war es viel weniger, als man sich das gewünscht hätte. Beide ließen sich weitgehend höflich ausreden, kam es mal zum direkten Rededuell, griffen die beiden Moderatorinnen rigide ein. Schade eigentlich.


Was wurde verhandelt?
Innere Sicherheit war zuerst das Thema, es ging um Schule und Unterrichtsausfall, um die Krankenhausreform und Pflegekräfte, um polizeilichen Stellenaufwuchs, um Wohnen, Krankenhaus und Pflegekräfte, um Wirtschaft und Koalitionspartner. Überraschende Ansichten kamen dabei nicht vor, was bekannt ist, wurde wortreich formuliert. Alle wollen von allem mehr, die SPD vor allem mehr Geld für neue Wohnungen ausgeben, die CDU noch mehr Geld für Innere Sicherheit investieren.


Wie trat Kutschaty auf?
Dunkler Anzug, dunkle Krawatte. Nervosität war dem Essener nicht anzumerken, gleichwohl eine gewisse Orientierung am Gegner. Schaute oft zur Seite, um Wüsts Reaktionen zu durchleuchten. Zögerlich in seinen Entscheidungen bei Spielen, bei denen er sich eigentlich schnell und klar auf eine Position einigen musste. Wollte dabei erkennbar keine Fehler machen, wirkte deshalb bisweilen wenig entschlussfreudig. Stand auf einem höheren Podest, um den visuellen Größenunterschied zu Wüst tv-tauglich zu nivellieren.


Wie gab sich Wüst?
Dunkelblauer Anzug, weinrote Krawatte, erkennbar frisch frisiert. Ab und an beschlug unangenehm die Brille, als es beim TV-Spielchen zu den eigenen Wahlprogrammen unangenehm zu werden schien. Aber: Wüst verließ seine anfängliche konzentrierte Zurückhaltung mit der Zeit, war vor allem dann stark, wenn er auch mal süffisant lächelnd und zahlensicher die Argumentation des Gegenspielers zurückschlug.


Der große Streit?
Blieb aus. Beim Thema Krankenhausreform gingen beide mal kurz in den Infight, weil die Positionen (CDU will mehr Spezialisierungen, die SPD will vor allem kein Krankenhaus schließen) durchaus unterschiedlich sind, aber auch hier waren die Differenzen schnell wieder eingesammelt. Als hätten die Berater zuvor mantraartig wiederholt, sich ja nicht vom Gegenspieler provozieren zu lassen. So droht dann aber beim TV-Zuseher eine gefährliche Gleichgültigkeit zu entstehen. Wüst stichelte die alte Schlusslichtdiskussion aus 2017 hervor, das reizte Kutschaty noch einmal erkennbar. Aber für den echten Streit zweier dicht beieinander liegenden Politik-Alphatiere war das alles nicht geeignet.


Die Moderatoren
Ellen Ehni und Gabi Ludwig waren bemüht, NRW-Themen zur NRW-Wahl zu verhandeln. Krieg und Corona spielten kaum eine Rolle, das passte. Schenken können hätten sich die WDR-Moderatorinnen ihr Spiel „Wo steht es geschrieben“, bei dem Inhalte aus dem jeweiligen Wahlprogramm identifiziert werden sollten. Weil der WDR dabei meist Inhalte ausgesucht hatte, die sowohl Wüst als auch Kutschaty für unstrittig hielten, war das schlicht Verschwendung von Sendezeit.


Welche Koalition kommt nun infrage?
Alles ist möglich. Sogar eine Groko ganz offensichtlich, weil sich beide persönlich wie thematisch viel näher waren, als sie es vielleicht selbst geglaubt hätten. Zur Frage der potenziellen Partner kamen die Moderatorinnen gar nicht wirklich, das erneute Koalitionsspiel war zur Klärung jedenfalls nicht geeignet.

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