Schlechtes Zeugnis für die Landesregierung Der NRW-Check - das sagen Bürger zu Corona, Energiepreisen und Co.

Münster/Düsseldorf · Das Virus ist das Hauptproblem: Die Bürgerinnen und Bürger wünschen sich einen klareren Kurs gegen die Corona-Pandemie. Zugleich trauen sie aber der NRW-Politik nicht allzu viel zu. Die Ergebnisse unserer NRW-Checks im Überblick.

NRW-Check: Das sagen Bürger zu Corona, Energiepreisen und Co.
Foto: dpa/Jan-Philipp Strobel

 Corona ist für die Befragten aktuell das wichtigste Thema

Corona überstrahlt alles: Selbst das Mega-Thema des Bundestagswahlkampfes – der  Klima- und Umweltschutz – erscheint im „NRW-Check“ bei der Frage nach den drei zur Zeit drängendsten Fragen im Lande nur unter „ferner liefen“. Für 64 Prozent der Bürgerinnen und Bürger ist die Pandemie laut der  Forsa-Umfrage aktuell das größte Problem in NRW.  Als weitere drängende Themen wurden     zwar Bildung (14 Prozent), Verkehr/Mobilität (14 Prozent) sowie   Klima- und Umweltschutz genannt – aber jeweils weit abgeschlagen.

Die Ergebnisse des NRW-Checks
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Der NRW-Check

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Foto: Ellen Schroeder

Und: Die  Befragten nennen weitere Probleme, die direkt mit der Pandemie zusammenhängen: So verweisen 7 Prozent speziell auf beschlossene Corona-Beschränkungen wie Maskenpflicht, Weihnachtsmarktschließungen oder Kontaktbeschränkungen.     Weitere 6 Prozent erinnern an die  Schwierigkeiten rund um  die Impfungen.  Corona-Leugner, Impfgegner und Querdenker fallen 5 Prozent der Befragten bei der Frage nach den drängendsten Problemen ein. Weitere 5 Prozent nennen die  zu zögerlichen Corona-Maßnahmen.

Direkt  gefragt, ob die Corona-Regeln angemessen sind, erklärten  fast zwei Drittel (63 Prozent), dass sie nicht weit genug gehen,  15 Prozent sind sie zu strikt. Nur 18 Prozent fanden sie angemessen.

Wie unterscheidet sich die Einschätzung der Corona-Maßnahmen?

Den  Anhängern der   AfD gehen die Maßnahmen bereits mehrheitlich zu weit (67 Prozent).  Den Anhängern aller anderen Parteien reichen sie   unisono nicht aus –  egal ob  SPD (79 Prozent),  Grüne (74), CDU (69), Linke (68) oder  FDP (58).

Auch bei den sozialen Gruppen gibt es Unterschiede: Während 64 Prozent der Beamten die Maßnahmen  als unzureichend einschätzen, sieht es bei den stärker davon  betroffenen Selbstständigen anders aus:   Hier reichen die Maßnahmen nur 55 Prozent nicht aus, während sie 32 Prozent  zu weit gehen.

Knapp zwei Drittel der Befragten halten einen neuen Lockdown für nötig, falls die Infektionszahlen weiter steigen. Wer hat die größten Vorbehalte?  

Die am ehesten  Betroffenen machen sich die größten Sorgen wegen einer möglichen  erneuten Schließung von Geschäften, Clubs und Freizeiteinrichtungen: So sind knapp die Hälfte der Selbstständigen dagegen und    41 Prozent der Arbeiter, aber nur ein knappes Drittel der – besser abgesicherten  – Beamten. Zudem lehnen AfD-Sympathisanten neue Kontaktbeschränkungen meist ab (56 Prozent).  Unter den  FDP-Anhängern ist die Zustimmung mit 50:45 Prozent am knappsten unter den etablierten  Parteien.

Gibt es regionale Unterschiede beim Urteil über die Corona-Politik?

Die Zahlen legen nahe, dass im Münsterland  der Ruf nach einem härteren Anti-Corona-Kurs nicht ganz so laut ist wie in anderen Landesteilen. Hier empfanden nur 52 Prozent die bisherigen Maßnahmen als nicht aus¬reichend, während in Ostwestfalen,  am Linken Niederrhein und im Bergischen Land jeweils etwa zwei Drittel dieser Meinung waren.

Auch die Kritik an der zeitweisen Aufhebung der Maskenpflicht in Schulen scheint im Münsterland   weniger ausgeprägt zu sein (52 Prozent) als   in Ostwestfalen oder dem Bergischen Land (je 70 Prozent).

Über die Hälfte der Befragten traut keiner Partei zu, die Probleme des Landes zu lösen.

Schlechte Noten für die Politik

Gut weg kommt  Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) wahrlich nicht. Gerade mal 31 Prozent der Menschen in NRW sind mit seiner Arbeit zufrieden.  Knapp 40 Prozent sind es ¬explizit nicht.   Echter Erfolg sieht ¬anders aus. Wobei:  Die regionalen Unterschiede in der Bewertung sind deutlich.  Während die Zustimmung  in der Eifel mit 19 Prozent sehr  niedrig ausfällt, ist sie in Ostwestfalen, am Linken Niederrhein  (je 36 Prozent) und im Münsterland (38 Prozent) am höchsten.

Interessant: Von den Anhängern der CDU sind 73 Prozent mit der Landesregierung zufrieden, bei den FDP-Sympathisanten sind es nur 39 Prozent. In NRW regiert eine schwarz-gelbe Koalition.

Ebenso wenig schmeichelhaft sieht der Vergleich zwischen Wüst und SPD-Oppositionsführer Thomas Kutschaty aus.  Könnte in NRW der  Regierungschef direkt gewählt werden, entschieden sich derzeit 64 Prozent für keinen von beiden.  Wüst bekäme allerdings mit 24 Prozent fast doppelt so viele Stimmen, wie sein Herausforderer von der SPD.

Mit Blick auf diese Umfrageergebnisse verwundert es nicht, dass über die Hälfte der Befragten derzeit auch keiner Partei zutrauen, mit den Problemen des Landes fertig zu werden. Die CDU kommt hier auf  18 Prozent Zustimmung, die SPD auf 13.  Grünen und  FDP traut mit 5 ¬beziehungsweise 4 Prozent eigentlich niemand  landespolitische Kompetenz zu.

Während 71 Prozent der CDU-nahen Befragten erklären, ihre Partei könne   die Probleme im Land lösen, sind  es überraschenderweise aufseiten der Genossen nur 50 Prozent, die ihrer Partei eine solche Kompetenz zusprechen.

Bleibt die Frage nach der Koalitionspräferenz. Würde heute  gewählt, wären CDU und SPD   mit jeweils 27 Prozent der Stimmen gleichauf, die FDP käme auf 12, die Grünen auf 17 Prozent, AfD und Linke erreichten 7 bzw. 4 Prozent. Verfehlen die Linken den Einzug in den Landtag, wäre eine regierungsfähige Mehrheit bei 45 Prozent der Stimmen erreicht.  Somit hätten neben einer großen Koalition aus SPD und CDU nur Dreier-Bündnisse eine Mehrheit – eine Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP (56 Prozent) oder ein Ampel-Bündnis aus SPD, FDP und Grünen  (ebenfalls 56 Prozent).                            

Klima, Kohle, Sprit und Strom - Die Energiepreise schmerzen

Rekordpreise an den Zapfsäulen, für das Gas und für das Heizöl – kein Wunder, dass 58 Prozent der Befragten in NRW ihren Haushalt durch die hohen Energiepreise „stark“ oder  „sehr stark“ belastet -sehen. 35 Prozent empfinden sich als „etwas“, 5 Prozent dagegen als „gar nicht belastet“. Das Thema bedrückt besonders die Bewohner der kleinen Städte bis  20 000 Einwohner (sehr) stark (68 Prozent), während es für Großstadtbewohner (48 Prozent) ein weniger  großes Problem ist. Hier könnte sich der höhere Anteil der Pendler und Eigenheimbewohner in Kleinstädten niederschlagen.

Und: Grünen-Anhänger (37 Prozent) sehen sich weit seltener (sehr)  stark betroffen als AfD-Sympathisanten (74 Prozent). Das mag auch damit  zusammenhängen, dass die CO2-Bepreisung zur Verteuerung beiträgt und den Grünen   der Kampf gegen die Erderwärmung wichtig ist.  Aber: Als das „zurzeit wichtigste Thema“ sieht die Klimafrage selbst bei ihnen  nur die denkbar knappeste  Mehrheit von 51 Prozent.  Die Pandemie  überstrahlt eben  derzeit alles.   Von den NRW-Bürgern insgesamt sehen 19 Prozent den Klimawandel als aktuell  wichtigstes Thema. Auffällig: Bei den AfD-Anhängern ist es nur ein Prozent.

Wunsch und Wirklichkeit:  58 Prozent der Befragten in NRW hält es zwar für richtig, den Ausstieg aus der Kohleverstromung möglichst von 2038 auf 2030 vorzuziehen, wie es sich die Berliner Ampel-Koalition vorgenommen hat. Aber nur eine Minderheit von 30 Prozent glaubt, dass dies möglich sein wird. Besonders groß ist diese Zuversicht bei den Grünen-Anhängern (59 Prozent), besonders niedrig am Linken Niederrhein (22). In dieser Region  nicht weit vom Tagebau ist auch die Zustimmung zum vorgezogenen Ausstieg mit 53 Prozent vergleichsweise niedrig – und die Sorge, dass die Energiewende Arbeitsplätze kosten wird, besonders groß (39 Prozent/NRW: 29). 

Bis zur Landtagswahl am 15. Mai 2022 werden in Januar/Februar, März und April/Mai drei weitere Befragungswellen zu  verschiedenen Themen folgen. Auftraggeber sind unsere Zeitung und 37 weitere Titel  in NRW.

(red)
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