Misshandlung in Neuss Staatsanwaltschaft fordert zweiten Prozess

Neuss. · Sven F. quälte seinen Neffen zu Tode. Er wurde verurteilt, soll aber erneut vor Gericht.

 Sven F. ist bereits zu zehn Jahren Haft verurteilt worden, weil er seinen Neffen misshandelte. Möglicherweise wird ihm erneut der Prozess gemacht.

Sven F. ist bereits zu zehn Jahren Haft verurteilt worden, weil er seinen Neffen misshandelte. Möglicherweise wird ihm erneut der Prozess gemacht.

Foto: Simon Janssen

Erst Mitte dieses Jahres hatten fünf Richter des Bundesgerichtshofs (BGH) das Urteil gegen Sven F. für rechtskräftig erklärt. Der Neusser war am 11. September 2018 vor dem Düsseldorfer Landgericht wegen schwerer Körperverletzung mit Todesfolge zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Sven F. seinen Neffen Jörg (11) in der eigenen Wohnung in Weckhoven zu Tode misshandelte.

Doch für den Düsseldorfer Staatsanwalt Martin Stücker ist der Fall noch nicht ad acta gelegt – er möchte dem verurteilten Neusser erneut den Prozess machen. Und zwar wegen körperlicher Misshandlungen, die sich Tage vor der eigentlichen Tat zugetragen haben sollen. In dem ursprünglichen Verfahren seien lediglich die schweren Verletzungen, die zum Tod des Elfjährigen führten, Gegenstand gewesen. „Die Kammer sah es jedoch als erwiesen an, dass Sven F. auch für Misshandlungen in den Tagen zuvor verantwortlich ist“, sagt Stücker.

Der Staatsanwalt erinnert in diesem Zusammenhang an Zeugenaussagen, aus denen hervorging, dass Jörg in den Tagen vor seinem Tod ausgesehen haben soll „wie ein Kirmesboxer“. Jene Zeugen müssten wohl erneut aussagen, wenn das Landgericht tatsächlich das Verfahren eröffnet und es zu einer Hauptverhandlung kommt.

Verteidigerin ist von der Unschuld ihres Mandanten überzeugt

Im Falle einer Verurteilung könnte die zehnjährige Haftstrafe verlängert werden. „Mit einer Einstellung hätte ich mich schwer getan. Es geht hier um ein Kind, dem großes Leid widerfahren ist“, sagt Stücker.

Die Verteidigerin von Sven F., die Neusser Rechtsanwältin Dagmar Loosen, ist weiterhin von der Unschuld ihres Mandanten überzeugt. „Für die jetzt angeklagte Tat gibt es in der Akte überhaupt keinen Anhalt“, erklärt sie. Auch ein Teil der Familie von Sven F. ist der Meinung, dass der Falsche inhaftiert ist. Sie verdächtigen weiterhin die frühere Lebensgefährtin von Sven F. Diese hatte im Laufe des Verfahrens angegeben, Jörg im Badezimmer geschlagen zu haben. Für seinen Tod sei sie allerdings nicht verantwortlich. Die Schwester des verurteilten Neussers – Mutter des getöteten Jörg – stimmte sogar zu, dass ihr Bruder an der Beerdigung seines Vaters in Neuss teilnimmt. Auf der Trauerfeier erschien er mit Fußfesseln, Handschellen und begleitet von zwei Justizbeamten.

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