Uraufführung im Düsseldorfer Schauspielhaus „Rheingold“ in einer neuen Fassung

Düsseldorf · „Das Rheingold. Eine andere Geschichte“ feiert seine Uraufführung auf der neuen Open-Air-Bühne am Düsseldorfer Schauspielhaus.

 Das Stück wird als multimediale Aufführung vor dem Schauspielhaus inszeniert.

Das Stück wird als multimediale Aufführung vor dem Schauspielhaus inszeniert.

Foto: Schauspielhaus/Thomas Rabsch

Sie handelt von Zwergen und Riesen, von Siegern und Verlierern, von Liebe und Macht: die Geschichte des Rheingold. Aber dieser germanische Mythos ist auch tausendfach kolportiert, interpretiert und benutzt worden, weshalb der Stoff historisch nicht unbelastet ist. „Eine andere Geschichte“ will nun das Düsseldorfer Schauspielhaus erzählen. Es hat die Kieler Autoren Feridun Zaimoglu und Günter Senkel beauftragt, das Stück neu zu schreiben. Die Premiere von „Rheingold“ soll
nun – aufgrund der niedrigen Corona-Zahlen in Düsseldorf – schon nächste Woche stattfinden. Sie wird am 27. Mai die Open-Air-Bühne auf dem Gustaf-Gründgens-Platz einweihen.

„Das Rheingold“ ist eigentlich eine Oper von Richard Wagner, 1869 uraufgeführt, und bildet mit den drei anderen Teilen die Tetralogie des „Ring des Nibelungen“. Nun galt es, aus dem Libretto ein eigenes Stück zu machen, wie die beiden Autoren im Gespräch erläutern. „Es ging um die Neuschreibung eines Klassikers, um die Übersetzung einer Oper für die Schauspielbühne in die Gegenwart“, sagt Zaimoglu. Deshalb sei auch vom Original-­Librettotext fast nichts übrig. Günter Senkel ergänzt schmunzelnd: „Die Auftrittsreihenfolge ist noch da – und eine Zeile des Texts. Eine der Rheintöchter sagt: Weihe, Weihe, Walla, Walla, Woge, Woge. Damit beschreibt sie das Spiel der Wellen mit Worten.“

Zaimoglu führt weiter aus, wie das Stück entstanden ist: „Unsere Aufgabe war es, nicht zu kopieren, nicht gegen etwas anzuschreiben. Uns ging es um ein eigenes Stück.“ Sie blieben mit ihrer Fassung zwar in Wagners magischer Welt, „aber unser Anspruch war es, in unserer Gegenwart eine eigene Sprache zu finden“. Den poetischen Ausdruck habe man erhalten und eine Geschichte erzählen wollen, die von Herrschaft und Unterwerfung handelt. Senkel fügt hinzu: „Wir konnten vieles neu schreiben, da die Musik in der Oper viel Raum einnimmt und die ja bei uns wegfällt.“

Vontobel hat zuletzt in Düsseldorf „Fight Club“ inszeniert

 Eine andere Geschichte“ führt Roger Vontobel, für den Zaimoglu und Senkel bei den Nibelungenfestspielen in Worms 2018 „Siegfrieds Erben“ verfasst haben. Vontobel wiederum hat zuletzt in Düsseldorf „Fight Club“ inszeniert. Seit der Spielzeit 2016/17 ist er dem Schauspielhaus als Hausregisseur verbunden und inszenierte bereits das Epos „Gilgamesch“, Euripides’ „Medea“, Shakespeares „Der Kaufmann von Venedig“ und Lot Vekemans’ „Momentum“. „Mit Roger Vontobel arbeiten wir im Teamwork. Er bekommt die Vorlage, kann aber daraus machen, was er will“, sagt Zaimoglu. „Wenn wir die Bühnenfassung abgeben, beginnt eine neue Kunst. Von Originaltreue halten wir herzlich wenig.“ Und so sieht das Regiekonzept von Vontobel vor, neben dem 14-köpfigen Ensemble junge Skater und Skaterinnen zu integrieren – sehr passend zum Gründgens-Platz.

Zwei Kameras, die die Protagonisten auf der Bühne begleiten, liefern Live-Bilder, die auf Leinwände übertragen werden und das Spektakel so zu einem Multimedia-Ereignis auf verschiedenen Ebenen machen. „Die Skater und die Kulisse sind hierbei sicher sehr wichtig“, sagt Feridun Zaimoglu, von dem zuletzt der Roman „Die Geschichte der Frau“ bei Kiepenheuer & Witsch erschienen ist. Das Gold sei eben in ihrem Stück kein Klumpen, „sondern eine organische, bewegliche Masse“. Was hat das, was ich sehe, mit mir, mit meiner Stadt zu tun? Das, hofft Zaimoglu, fragen sich die Düsseldorfer Zuschauer. Sie sollen über „Einschüchterungsarchitektur“ nachdenken, die dazu beiträgt, dass man selbst „verzwergt“, wie er es nennt, und über Prachtstraßen, die dafür sorgen, „dass man sich möglichst fremd fühlt“. Die beiden Autoren arbeiten bereits seit 1995 zusammen, begannen zunächst, gemeinsam Drehbücher zu verfassen. Der Durchbruch als Team gelang mit der „Othello“-­Fassung für Luk Percevals Inszenierung 2003 an den Münchner Kammerspielen. „Wir wechseln uns in Arbeitsschritten ab“, erklärt Günter Senkel die Zusammenarbeit. Selten sitze man gemeinsam vor dem Computer. „Aber wir sprechen sehr viel darüber. Den größten Teil der Arbeit macht man allerdings allein – da ist für die Konzentrationsfähigkeit auch besser.“ Sie sind nicht nur befreundet, sie wohnen auch in einem Mietshaus in Kiel Tür an Tür, was die Zusammenarbeit sehr erleichtert. „So können wir uns den Text auf dem Hausflur hin und herreichen“ – gerade in Corona-Zeiten natürlich sehr praktisch.

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