Weitere Versäumnisse? Nach Lügde-Fall - Gegen Jugendamt Hameln wird wieder ermittelt

Hannover · Mehr als 40 Kinder sollen auf einem Campingplatz bei Detmold sexuell missbraucht worden sein. Der Fall hat sich zu einem Behördenskandal ausgeweitet. Gab es auch bei der Betreuung anderer Familien Versäumnisse zu Lasten von Kindern?

 Im Fall Lügde hatte das Jugendamt Hameln einem 56 Jahre alten Dauercamper trotz mehrerer Hinweise auf sexuell übergriffiges Verhalten auf Wunsch der Mutter die Pflegschaft für ein kleines Mädchen übertragen. Gibt es noch mehr Versäumnisse beim Jugendamt?

Im Fall Lügde hatte das Jugendamt Hameln einem 56 Jahre alten Dauercamper trotz mehrerer Hinweise auf sexuell übergriffiges Verhalten auf Wunsch der Mutter die Pflegschaft für ein kleines Mädchen übertragen. Gibt es noch mehr Versäumnisse beim Jugendamt?

Foto: dpa/Guido Kirchner

Das im Missbrauchsfall Lügde kritisierte Jugendamt Hameln soll auch in einem anderen Fall Fehler gemacht haben. Dabei geht es um die Frage, ob Hinweisen auf Misshandlung von Kindern in einer dem Amt bekannten Familie nicht nachgegangen wurde. Ermittelt werde gegen drei Behörden-Mitarbeiterinnen wegen des Verdachts der Verletzung der Fürsorgepflicht, sagte am Freitag ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Hannover.

Zunächst hatte das Politikjournal „Rundblick“ darüber berichtet. Die neuen Vorwürfe stehen nicht im Zusammenhang mit dem mutmaßlich massenhaften Missbrauch auf einem Campingplatz in Lügde im Kreis Lippe, wie der Sprecher betonte.

Die neuen Hinweise auf körperliche Angriffe und Misshandlungen von Kindern sollen aus der Familie selbst und von Dritten an das Jugendamt Hameln herangetragen worden sein. Tätig wurde erst das Jugendamt Höxter, nachdem die Familie nach Nordrhein-Westfalen umgezogen war. Mitarbeiter in Höxter hätten die Hinweise in den Akten entdeckt und diese - sensibilisiert durch den Fall Lügde - der örtlichen Polizei gemeldet, sagte der Sprecher. Die Beamten gaben den Fall an die Polizei Hameln weiter.

Die Staatsanwaltschaft Hannover ließ die Jugendämter in beiden Orten durchsuchen. Bei dem Anfangsverdacht gehe es um die Frage, ob durch pflichtwidriges verspätetes Eingreifen der Jugendamtsmitarbeiterinnen körperliche Misshandlungen ermöglicht wurden.

Im Fall Lügde hatte das Jugendamt Hameln einem 56 Jahre alten Dauercamper trotz mehrerer Hinweise auf sexuell übergriffiges Verhalten auf Wunsch der Mutter die Pflegschaft für ein kleines Mädchen übertragen. Vorgeworfen wird dem Mann sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen, schwerer sexueller Missbrauch von Kindern und Besitz von kinderpornografischen Schriften. Der Prozess gegen den früheren Pflegevater soll Ende Juni starten. Angeklagt sind zudem ein 34-Jähriger aus Steinheim bei Höxter sowie ein 49 Jahre alter Mann aus Stade, der den Missbrauch im Internet verfolgt haben soll.

Einer Mitarbeiterin des Jugendamts Hameln wurde bereits fristlos gekündigt. Sie hatte eine Passage aus der Pflegschaftsakte gelöscht, die die Ermittler rekonstruieren konnten. Darin hatte die Frau beschrieben, dass der 56-Jährige sich immer wieder jungen Mädchen näherte. Ein anderer Hamelner Behördenmitarbeiter wurde freigestellt, weil er einen Aktenvermerk nachträglich einfügte. Die gesamte Aufklärung des Falls wurde von Pannen begleitet, unter anderem verschwand ein Koffer mit Datenträgern bei der Kreispolizei Lippe.

(dpa)
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