Was fehlt ist der Respekt

Sittenverfall: Regeln gelten nichts mehr – Polizeibeamte sehen sich immer häufiger Beschimpfungen, Beleidigungen und gewalttätigen Angriffen ausgesetzt.

Mönchengladbach. Ein Radfahrer wird darauf hingewiesen, dass seine Beleuchtung defekt ist. Er soll ein Verwarngeld zahlen und seine Personalien angeben. Der Mann wird wütend, will die Personalien nicht nennen. Es endet damit, dass die Polizeibeamten ihn mit auf die Wache nehmen.

Eine andere Situation: ein Autofahrer fährt bei Rot über die Kreuzung und wird von der Polizei gestoppt. Auch hier beginnt der Ertappte, wütend mit den Beamten zu streiten. Von Einsicht keine Spur. "Wir stellen immer häufiger fest, dass der Konflikt gesucht wird", sagt Polizeihauptkommissar Michael Paland. "Oft stehen Anlass und Ergebnis in keinerlei Verhältnis mehr."

Quer durch alle Altersschichten wird die Autorität der Polizei erst einmal in Frage gestellt. Ob Verkehrssünder, Ladendieb oder alkoholisierter Altstadtbesucher - die Polizeibeamten sehen sich Beleidigungen und aggressivem Verhalten ausgesetzt. "Viele Menschen testen erst einmal aus, wie weit sie gehen können", weiß Paland.

Gerade an Wochenenden und Feiertagen in der Altstadt kann es hoch her gehen. "Die Kollegen halten schon eine Menge aus und reagieren nicht auf jede Kleinigkeit", erklärt der Hauptkommissar. Aber wenn sich die Pöbeleien häufen, wird eingegriffen. Allerdings, meint der Polizeibeamte, seien das nicht die wirklich problematischen Situationen. "Wirklich schwierig wird es da, wo die Eskalation nicht zu erwarten ist wie bei Verkehrskontrollen", sagt Paland.

Dabei machen die Beamten wieder und wieder die Erfahrung, dass Bürger Regeln einfach nicht anerkennen wollen. Jüngstes Beispiel aus der Praxis: Die Polizei sperrt eine Unfallstelle ab, Autofahrer versuchen dennoch, die Pylone zu umfahren, um die Stelle passieren zu können.

Die Beamten stehen der Entwicklung aber nicht unvorbereitet gegenüber: In Fortbildungen wird richtiges Verhalten in Rollenspielen trainiert. "Wir setzen auf Kommunikation", betont Paland.

Aber nicht nur: auch die Gladbacher Polizei wird in Zukunft mit dem Tonfa ausgerüstet, einem Schlagstock asiatischer Herkunft, im Polizeijargon Einsatzmehrzweckstock genannt. Er ist vielseitig einsetzbar und wurde schon lange von der Gewerkschaft der Polizei gefordert. Lichtblick für Mönchengladbach: der gewaltsame Widerstand gegen Polizeimaßnahmen bewegt sich in unserer Stadt seit Jahren auf gleichem Niveau - im Gegensatz zum Landestrend, der steil nach oben zeigt.

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