Viel Arbeit bis zum eigenen Wagen

In einer Halle am Rahserfeld wird an 16 Festwagen für den Karnevalszug am Tulpensonntag noch geklebt, geschraubt und gemalt.

Viersen. Nur noch diese eine Schleife! Matthias Claßen hat es fast geschafft. Mit einem kleinem Topf schwarzer Farbe steht er vor der rechten Flanke des Gardewagens. Claßen ist ein kräftiger Typ, er trägt ein Karohemd, eine Arbeitshose, und er hat den festesten Händedruck der Welt. Eigentlich sei er Dachdecker, erzählt er, und das glaubt man ihm sofort. Er sieht aus, als hätte er sich hierher verlaufen: mit diesem Töpfchen Farbe in der linken und einem Pinsel in der rechten Hand, der so klein ist, wie die Dinger, die Kinder beim Malen mit Wasserfarben benutzen.

In gut vier Wochen, am 15. Februar, wird in Viersen der Tulpensonntagszug durch die Straßen ziehen, von der Remigiusstraße Richtung Kreishaus. Rechts rum, links rum, noch mal links und wieder rechts, so geht das bis zum Hermann-Hülser-Platz.

Matthias Claßen wird die Uniform der Funkengarde tragen, er ist Mitglied der Karnevalsgesellschaft Hoseria, er wird Kamelle schmeißen, „ist alles schon bestellt“, sagt er, und alles wird vergessen sein. Die vielen Stunden, die ganze Arbeit seit vergangenem August, zuletzt waren sie zwei Wochen lang jeden Tag hier. Am Rahserfeld hat der Festausschuss des Viersener Karnevals in der „Dr.-Günter-Weinforth-Halle“ 16 Festwagen untergebracht.

Die Prinzenkutsche und den Ex-Prinzenwagen, den Kinderprinzenwagen, links am Eingang stehen die Hoseria-Wagen, der Motto- und der Gardewagen. Letzterer ist so gut wie fertig. „Das sind jetzt nur noch die Feinarbeiten“, sagt Matthias Claßen. Etwa diese eine kleine schwarze Schleife vorne rechts. Am Mottowagen hingegen ist noch einiges zu tun.

„Cowboy und Indianer“ sind in diesem Jahr das Thema, im vergangenen Jahr zog Hoseria als „Zirkus-Wunderwelt“ durch Viersen. Die Tierfiguren, die den Wagen damals schmückten, sind längst abmontiert. Ein Clown, der die Zunge rausstreckt, lehnt an der Wand.

Am Wagenheck springt noch ein Hase aus einem Zylinder. Den lassen sie dran und streichen ihn braun. „Das wird ein Präriehase“, sagt André Bierbaums. Bierbaums baut sein 15 Jahren Karnvelaswagen, er trägt gleichfalls Arbeitssachen, er ist auch Dachdecker und im vergangenen Jahr war er „der Prinz“, wie sie sagen. Diesmal ist er Kommandant. Während auf dem Gardewagen schon zwei neue, prächtige Pappmaschee-Löwen Spalier stehen, muss der Mottowagen noch mit Draht und alten Zeitungen modelliert, bemalt und ausstaffiert werden. Bis zum Festzug sollen hier unendliche Weiten zu sehen sein, samt Marterpfahl, Lagerfeuer und Indianer-Squaw. Bislang aber ist da nur weiße Deckfarbe.

Kriegen sie aber bis zum Stichtag hin, betonen die Wagenbauer, hätten sie immer rechtzeitig hinbekommen. Trotz mancher Unwägbarkeit. Vor zwei Jahren etwa, erzählt Bierbaums, hätten sie den Gardewagen versehentlich bis zu den Vorderrädern verbaut. Zum Festzug ließ er sich dann nicht mehr aus der Halle bewegen. „Da wurden Teile mit der Flex wieder abgesägt“, sagt er und grinst.

„Das gibt es nicht, dass jemand nicht fertig wird“, sagt Frank Schiffers, Senatspräsident des Festausschusses. Ganz kurz vorm Karneval aber würde es in der Halle erfahrungsgemäß richtig voll. „In den letzten Tagen vor dem Zug spielen sich hier dramatische Szenen ab“, sagt Schiffers. Um am Tulpensonntag nicht mit leeren Händen dazustehen, hält sein Ausschuss in einem Nebenraum schon heute kistenweise Wurfmaterial vor. Plastikschmuck, Stofftier-Roboter und: „Jurassic Park“-Fahrradsattel-Schutzüberzüge. Klingt schon schön jeck.

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