Veilchendienstag: Straßengolf und müde Wähler

Es wird der längste, den Gladbach je gesehen hat: 79 Wagen und 122 Fußgruppen.

Mönchengladbach. Es gibt nichts, woran er nicht denken muss. "Wir haben auch eine Kindersammelstelle eingerichtet", sagt Elmar Eßer, der Leiter des Veilchendienstagszuges. Verlorene Söhne und Töchter können von ihren Eltern in der Polizeiwache am Alten Markt eingesammelt werden. "Da ist auch das Rote Kreuz stationiert, das die Kinder im Fall der Fälle betreut."

Ein Verlust im Gewühl wäre nicht unwahrscheinlich, schließlich erwartet die Stadt zum Höhepunkt und Abschluss der diesjährigen Session wieder 350000 bis 400000 Besucher. "Auch bei allerschlechtestem Wetter sind es mindestens 200000 Menschen", benennt Eßer die Dimension der Veranstaltung.

5,5 Kilometer lang wird der Zug sein, und so lang ist auch der Zugweg. "Wenn ich mit der Strecke am Ende bin, fährt der Wagen mit dem Prinzenpaar los", beschreibt Eßer, der ihn im Funkwagen anführt.

Der Zug führt in diesem Jahr nicht durch die Eickener Straße, sondern überquert sie am Aretzplatz, führt über die Martinstraße, Am Bour, durch die Hälfte des Eickener Kreisels ("Affenfelsen") und anschließend über die Hindenburgstraße. "Das wird so lange so bleiben, bis die Baustellen auf der Eickener Straße fertig sind", sagt Eßer.

Der längste Zug in der Geschichte des Mönchengladbacher Karnevals. "450 Meter länger als im Vorjahr", sagt Jürgen van Nieuwenhofen, der die 79 Wagen für den MKV nach der Sicherheitsprüfung mit Tüv-Siegel versieht. "Das ist besonders wichtig in Gladbach, weil es über zwei Steigungen geht." Jeder der Wagen wird von zwei Ordnungskräften begleitet, damit niemand unter die Räder kommt. "Es gibt Leute, die heben ihre Kinder über die Absperrgitter, damit sie besser an die Kamelle kommen", hat der MKV-Vorsitzende Bernd Gothe (Foto) schon beobachtet.

82 Traktoren ziehen die Wagen. Die sind von ihren Eignern, den Landwirten der Umgebung, ohnehin für den Straßenverkehr zugelassen. Rund 30 Personen werden mit Eßer über Funk in Verbindung stehen, um den Zug in Gang zu setzen, ihn zusammenzuhalten und wieder aufzulösen. "Über diese Länge dürfen keine großen Lücken entstehen, soll sich die Katze nicht in den Schwanz beißen", erläutert Eßer die Maßnahme.

Eine Ausnahme: Die Kutschen, gleich am Beginn des Zuges. Noch vor der Kutsche des MKV ziehen einmal sechs und einmal vier Kaltblüter einer ostdeutschen Konservenfabrik deren zwei Festwagen. Damit die Tiere auf der Aachener Straße - "die hat immerhin sieben Prozent Steigung", so Eßer - nicht zu oft anhalten müssen und darüber ermüden, sorgt Eßer mit einer Lücke dafür, dass sie die Steigung in einem Mal nehmen können. Insgesamt ziehen 90 Pferde mit. Sie werden von ihren Pflegern geführt, ein Tierarzt sorgt sich um ihre Gesundheit.

Auf dem Zugweg gibt es auch "Sollbruchstellen", wie Eßer sie nennt. Stellen, an denen Feuerwehr und Krankenwagen ins Innere des Rundweges dringen können. Zählt man die Helfer von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk dazu, sind rund 400 Menschen für den Zug im Einsatz.

Neben allen Sicherheitsaspekten ist auch die Stimmung ein Thema beim Veilchendienstagszug. Musik kommt von 31 Kapellen, eine sogar aus Sulzdorf bei Schwäbisch Hall, 430 Kilometer von Gladbach entfernt. "Und auf den Wagen gibt es Beschallung", sagt Bernd Gothe. An Wurfmaterial rechnet Eßer mit "15 Zentnern pro Wagen", macht insgesamt fast 60 Tonnen.

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