Sorgerecht: Mutter flippt aus

Eine 26-Jährige hat anderthalb Jahre lang ihre Eltern beschimpft, angegriffen und verletzt, weil diese das Sorgerecht für ihre Zwillinge hatten. Die Frau schlug Polizisten und bedrohte eine Jugendamts-Mitarbeiterin mit einem Messer.

Mönchengladbach. Mit einem Fleischermesser in der Hand und den Worten "Das ist hier der letzte Termin" soll eine Mönchengladbacherin am 14. Januar eine Mitarbeiterin des Mönchengladbacher Jugendamts an der Sandradstraße angegriffen haben. Sie soll der Verwaltungsangestellten das Messer gegen den Bauch und den Hals gedrückt haben. Zwei Kollegen der Mitarbeiterin konnten die damals 25-Jährige zurückdrängen.

Dieser Vorfall war nach Ansicht der Staatsanwaltschaft das Ende einer Kette von Gewalttätigkeiten gegen ihre Eltern, aber auch Polizisten. Und es ging immer um das eine: das Sorgerecht für ihre damals neun Jahre alten Zwillinge. Am Tag des Angriffs im Jugendamt hatte es morgens einen Gerichtstermin gegeben, und hier soll die Frau bereits zugeschlagen haben - der bei dem Termin erschienenen Jugendamtsmitarbeiterin ins Gesicht.

Am Montag begann der Prozess gegen die mittlerweile 26-Jährige. Zu den Vorwürfen gehörten Körperverletzung, Sachbeschädigung, Bedrohung und Nötigung. Allerdings ging die Anklage davon aus, dass die Frau vermindert schulfähig ist. Seit ihr das Umgangsrecht für ihre Kinder, die bei den Großeltern leben, entzogen wurde, sei die Frau sich und anderen gegenüber aggressiv und gewalttätig gewesen.

Eine der ersten Eskalationen gab es im August 2007 in der Wohnung ihrer Eltern. Bei einem Streit um die Kinder kratzte, biss und trat sie nach ihren Eltern. In den folgenden Monaten folgten Randalen vor dem Haus mit zerschlagenen Fensterscheiben und zerstörten Dachböden. Einmal riss sie ihrer Mutter mehrere Haarbüschel aus oder gab ihr einen Kopfstoß. Den Vater griff sie mit einem Hammer an.

Im Oktober 2007 wollte die Frau sogar Anzeige bei der Polizei erstatten, weil man sie ihre Kinder nicht sehen ließe. Die Beamten der Rheydter Polizeiwache konnten ihr nur erklären, dass das keine Straftat sei. Daraufhin schlug die Frau um sich und verletzte zwei Beamte.

Die Frau ist laut Ermittlungsbehörden psychisch krank und war in der Vergangenheit mehrfach in psychiatrischen Kliniken untergebracht. Sie leide an einer emotionalen Persönlichkeitsstörung und könne deshalb das Unrecht ihrer Taten nicht einsehen. Die Mönchengladbacherin hatte sich bisher zu den Tatvorwürfen nicht geäußert.

Am Montag wurde sie von der Ersten großen Strafkammer freigesprochen. Die Richter konnten nicht sicher sein, ob sie nicht bei allen Taten schulunfähig gewesen sei. Sie wird weiterhin in der Psychiatrie untergebracht bleiben, bis sie als nicht mehr gefährlich eingestuft wird.

Im Sozial- und Jugendamt werden derzeit alle Mitarbeiter, die in "gefährdeten Bereichen" arbeiten, geschult, sagte am Montag ein Stadtpressesprecher. Mit einem Knopfdruck könne ein stiller Alarm ausgelöst werden, der auf den Bildschirmen der Kollegen erscheint. Dort steht, wer in welchem Büro gerade wegen eines Klienten in Not geraten ist. Wie dann zu reagieren ist, um sich selbst und die Kollegen nicht zu gefährden, das sollen die Mitarbeiter der Stadt bei ihren Schulungen lernen.

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