Reaktion: Ausbildung gegen Pflegemissstand

In Folge der Vorwürfe gegen den Caritasverband im Sommer werden in diesem Jahr 18 Altenpfleger zusätzlich ausgebildet.

Mönchengladbach. Das Herz am rechten Fleck zu haben reicht nicht. „Auch, wenn das die Grundvoraussetzung für den Beruf ist“, sagt Sabine Ritter, Leiterin des Pflegeheims der Caritas in Holt. Sie ist dabei, als die Caritas am Mittwoch ihre 26 neuen Azubis im Seniorenheim in Neuwerk zum ersten Praxisblock in ihrer dreijährigen Ausbildung begrüßt. Zuvor hatten sie bereits einen Theorieblock in der Katholischen Bildungsstätte für Gesundheits- und Pflegeberufe (kbs) in Mönchengladbach absolviert.

Sind es normalerweise acht Azubis, die die Caritas immer zum 1. Oktober einstellt, sind diesmal 18 weitere in einem zweiten Kurs ab 1. November hinzugekommen. „Wir müssen selbst ausbilden, der Markt an gut ausgebildeten Pflegekräften ist leergefegt“, sagt Sabine Ritter.

„Pflege erfordert hohe Fachkompetenz“, sagt Vera Berghoff, Leiterin der Rheydter Pflegeeinrichtung der Caritas, die zusammen mit Ilona Otten von der kbs die Auswahl aus 60 Bewerbern getroffen hat. Sie haben die Bewerber außerdem mehr als zwei Stunden lang in einem Gruppengespräch beobachtet, um für den Beruf notwendige Teamfähigkeit zu gewährleisten.

„Einzelkämpfer sind nicht gefragt“, sagt Ritter. „So sollte es hier bei der Caritas schon seit längerem gehandhabt werden“, sagt die Frau, die schon für mehrere Träger in verantwortlicher Position gearbeitet hat. Diese Maxime habe nach dem Pflegeskandal vom Sommer in der Giesenkirchener Caritas-Einrichtung zusätzlich an Bedeutung gewonnen. „Man muss sich austauschen und den Kollegen auch etwas sagen können. Man muss auch sagen können, wenn man sich überlastet fühlt. Wir brauchen selbstbewusste Mitarbeiter.“

„Die Caritas ist auch einer der wenigen Träger, der Azubis nicht als volle Arbeitskraft betrachtet“, sagt Otten aus dem Vergleich von 50 Trägern der Altenpflege, für die die kbs die theoretische Ausbildung leistet. „In den ersten beiden Jahren laufen die Azubis hier parallel zu den hauptamtliche ausgebildeten Kräften.“ Im dritten sei eigenverantwortliches Arbeiten Bestandteil der Ausbildung. „Ideal sind für uns Menschen nach der Familienphase“, sagt Berghoff.

In dem Kurs finden sich viele solcher Quereinsteiger. Wie zum, Beispiel Sonja Goehl. Die 39-Jährige hat Kinder, die zehn und 15 Jahre alt sind. Sie hat bereits sechseinhalb Jahre als Altenpflegehelferin gearbeitet, aber auch als Bürokauffrau. „Bei offenen Stellen in diesem Bereich war ich meist eine von 250 Bewerberinnen — und Stellen im Pflegebereich sind laufend ausgeschrieben.“ Das fehlende Examen wird sie mit einem Bildungsgutschein der Arbeitsagentur erwerben. Für die Caritas hat sie sich bewusst und trotz der Turbulenzen des Sommers entschieden: „Ich gebe nichts auf Vorurteile.“

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