„Puffauto“: Kündigung ist rechtens

Eine Rheydter Kaffeefirma darf einen Mitarbeiter entlassen, der kein Fahrzeug mit vermeintlich sexistischer Werbung fahren wollte. Das hat gestern das Arbeitsgericht entschieden. Ganz zufrieden ist die Firma mit dem Urteil trotzdem nicht.

Ein homosexueller Verkaufsreisender des Rheydter Kaffeevertriebs Bovelett hatte sich geweigert, mit einem Firmenwagen zu fahren, der aus Kaffeebohnen herausragende Frauenbeine zeigt. Die Werbung sei sexistisch, und er sehe sich durch das „Puffauto“ in seiner Homosexualität diskriminiert, hatte der 49-Jährige zu Protokoll gegeben. Sein Arbeitgeber hatte ihm fristlos gekündigt, dagegen wiederum hatte Robert W. geklagt.

Rainer Bovelett, Firmeninhaber

Gestern nun folgte das Urteil: Das Gericht erklärte die fristlose Kündigung zwar für unverhältnismäßig, die ordentliche Kündigung zum Jahresende hingegen, die das Unternehmen für den Fall der Ungültigkeit der fristlosen Kündigung gleich mit ausgesprochen hatte, sei wirksam. Denn ein Arbeitgeber habe grundsätzlich die Möglichkeit, einem Arbeitnehmer ein nach seinen Vorstellungen gestaltetes Fahrzeug zuzuweisen. Eine Diskriminierung wegen der Homosexualität sahen die Richter jedoch nicht.

Rainer Bovelett, Geschäftsführer von Kaffeegenuss Bovelett, quittierte den Urteilsspruch mit gemischten Gefühlen. „Es ist ein 50-50-Urteil“, sagte er. „Mir wäre eine klare Entscheidung lieber gewesen.“ Man werde die schriftliche Begründung abwarten und dann entscheiden, ob man in Berufung geht. „Ich bin nach wie vor der Meinung, dass es sich um Arbeitsverweigerung handelte“, sagte Bovelett weiter.

Robert W. habe am 25. Juni vor versammelter Mannschaft das voll beladene Firmenauto stehen lassen und sei nach Hause gegangen, am nächsten Arbeitstag sei die sechswöchige Krankmeldung erfolgt. „Da musste ich als Chef handeln. Wir sind richtig ins Schwitzen gekommen.“ Bis jetzt sei kein neuer Mitarbeiter eingestellt, man habe die Arbeit auf die Schultern der anderen Angestellten verteilt.

Nachdem im August die erste Güteverhandlung ohne Ergebnis geendet hatte, begegneten sich Kläger und Bovelett gestern im erstinstanzlichen Prozess vor dem Arbeitsgericht. W.’s Klage richtete sich vor der Zweiten Kammer des Arbeitsgerichts sowohl gegen die außerordentliche als auch gegen die ordentliche fristgemäße Kündigung. Kündigungsschutzgesetze gelten in diesem Fall nicht, weil Boveletts Firma zu klein ist.

Rainer Bovelett erklärte, die Firma habe extra für den Kläger einen größeren Kastenwagen gekauft, weil sich der Fahrer das gewünscht hatte. An der geplanten neuen Werbeausstattung sei Robert W. auch beteiligt gewesen. Die Entwürfe seien für alle einsehbar gewesen. Der Streit sei auch erst eskaliert, als an dem Fahrzeug rot-schwarze Radkappen installiert worden seien.

Ein Vergleich war auch gestern von der Klägerseite abgelehnt worden. Die fristlose Kündigung sei deshalb unverhältnismäßig, urteilte das Gericht, weil der Kläger seit 19 Jahren bei der Firma unbeanstandet beschäftigt gewesen sei. Außerdem habe es für den Verkaufsreisenden keine Abmahnung gegeben; der Arbeitgeber habe, nachdem sich Robert W. geweigert habe, das Auto zu fahren, zunächst lediglich mit Konsequenzen gedroht.

Die ordentliche fristgemäße Kündigung allerdings sei wirksam. Eine solche Kündigung verstößt nach Auffassung der Kammer nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Es habe keine Anzeichen gegeben, dass der Kläger wegen seiner homosexuellen Neigung ausgegrenzt oder unter Druck gesetzt worden sei. „Ich bin froh, dass diese unsinnigen Vorwürfe gegen uns vom Tisch sind“, sagte Bovelett. Nach der Entscheidung des Gerichts endet das Arbeitsverhältnis des Klägers am 31. Dezember. Beide Parteien können das Urteil anfechten.

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