Martinssänger erbeuten 500 Euro von 89-Jähriger

Der Polizei ist die Masche neu. Sie sucht jetzt nach weiteren Zeugen.

Mönchengladbach. Ellen Schumacher (Name von der Redaktion geändert) hat sich von dem Schock noch nicht erholt. „Die Enttäuschung ist für mich schlimmer als der Diebstahl“, sagt die 89-Jährige. Am Montagabend wurde Schumacher Opfer einer bisher in Mönchengladbach unbekannten Betrügermasche. Martinskinder erbeuteten in ihrer Wohnung in einem Haus für betreutes Wohnen an der Brückenstraße 500 Euro.

Gegen 17.30 Uhr hatte es an ihrer Tür geklingelt. Vor der Tür stand eine Gruppe von vier Mädchen — zwei etwa Achtjährige und zwei im Alter von etwa 14 Jahren — und eine etwa 25-jährige Frau. „Ich habe gedacht, dass das die Mutter von den Kindern ist“, sagt Schumacher. Die 89-Jährige war zunächst begeistert. „Die Kinder haben mich mit ihren großen, schönen Augen angeguckt und so schön gesungen“, erzählt sie.

Als Ellen Schumacher in die Küche geht, um Süßigkeiten für die jungen Sänger zu holen, folgen ihr zwei der Kinder. „Das fand ich schon merkwürdig“, sagt die 89-Jährige. Trotzdem gab sie ihnen reichlich Süßigkeiten. „Die Kinder haben dann angefangen, mir lauter Fragen zu stellen“, erzählt die Seniorin. Nach Äpfeln und Zucker hätten sie gefragt, zum Kuchen backen. Dann seien sie immer zudringlicher geworden. „Ich hatte richtig Angst, dass sie mich schubsen und ich falle“, sagt Ellen Schumacher.

Am Ende nutzte sie einen Trick, um die Kinder loszuwerden: „Ich habe gesagt, dass es mir nicht gut geht und ich mich kurz hinsetzen muss.“ Als sie die Küche verließ, sah sie noch eine dritte Person aus der Gruppe in ihrer Wohnung. Dann seien alle gegangen.

„Ich bin dann sofort zu meiner Schmuckschublade gegangen und habe geschaut, ob noch alles da ist“, sagt Schumacher. Weil nichts fehlte, ging sie beruhigt ins Bett. „Ich habe gedacht, ich hätte den Kindern unrecht getan.“ Am nächsten Tag traf sie der Schock dann umso heftiger. Weil sie bei ihrer Schwiegertochter, die zu Besuch gekommen war, Schulden begleichen wollte, holte sie ihre Geldbörse aus der Schublade im Schreibtisch. „Von den 570 Euro, die ich darin aufbewahrt hatte, waren 500 Euro weg“, berichtet sie.

Sofort meldete sich Ellen Schumacher bei der Polizei. Sie hofft, dass sie andere warnen kann. „Die Kinder können ja letztendlich nichts dafür, sie werden ja zum Diebstahl angeleitet“, vermutet sie. Martinskindern wird sie wohl trotzdem nicht mehr die Tür öffnen.

Wie die Polizei am Mittwoch mitteilte, hatte die Gruppe auch an anderen Wohnungen in dem Haus an der Brückenstraße geklingelt. Auch in diesen Fällen versuchte die Gruppe, in die Räume zu drängen. Nach bisherigen Erkenntnissen wurde dort aber nichts gestohlen.

Die Polizei fragt nun, wer Hinweise zu der diebischen Sankt-Martin-Gruppe geben kann: Bei wem haben die Mädchen und die junge Frau, alle mit südländischem Aussehen, noch geklingelt? Wem ist die Gruppe aufgefallen? Hinweise nimmt die Polizei unter der Telefonnummer 02161 290 entgegen.

Die Polizei schließt nicht aus, dass die Martins-Trick-Betrüger auch für die Diebstähle an Geldautomaten verantwortlich sind. Vor gut einem Jahr hatten Kinderbanden in Mönchengladbach Bankkunden beim Geldabheben bedrängt und beraubt.

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