Intelligenz: Wenn der Kopf zum VW-Bus wird

Der Verein Mensa führt regelmäßig IQ-Tests durch. WZ-Mitarbeiterin Susanne Böhling hat den Selbstversuch gewagt.

Rheydt. Er hofft nicht, dass... "Aber es würde einiges erklären, wenn...", sagt Martin (Name von der Redaktion geändert), und begründet damit seine Teilnahme am Intelligenz-Test, den der Verein "Mensa" in der Familienbildungsstätte in Rheydt durchführt.

Erklären würde es beispielsweise manche Probleme, die er im Sozialen hat. "Ich bin ganz schnell abzulenken", erzählt der 23-jährige Krankenpfleger aus Aachen. Da wird seine Freundin schon mal sauer, wenn sie merkt, dass er gleichzeitig ihr und dem Radio lauscht.

Eine ähnliche Motivation haben viele der Menschen, die sich auf ihren IQ testen lassen. Sylvia (Name von der Redaktion geändert) beispielsweise ist bereits 31 Jahre alt und hat keine abgeschlossene Berufsausbildung. Sie hat in der Schule nicht gelernt zu lernen.

"Anfangs flog mir alles zu", erinnert sie sich. "Wenn ich etwas lernen muss, empfinde ich das als Demütigung", sagt sie. Sie hofft, hier endlich zu erfahren, dass sie nur anders und nicht schlechter ist als andere. "Das sind typische Symptome von Hochbegabung", sagt Anna Rogel, die den Test für Mensa durchführt. Sie ist Mitglied in dem Verein für Menschen mit einem IQ über 130, dem weltweit 110.000, in Deutschland rund 7500, und in Mönchengladbach etwa 60 Menschen angehören.

Als eine von drei Frauen und sechs Männern, die die Hefte mit den Fragen in Empfang nehmen, habe ich ein rein berufliches Interesse und bin eigentlich gelassen. Mir ist das Ergebnis im Grunde egal.

In der ersten Frage geht es um Sprachempfinden. Zwei Beispiele werden erläutert, ich gebe Gas. Aber: Mein Kopf scheint ein alter VW-Bus zu sein: Diesel, völlig untermotorisiert, der keinen Hering vom Teller zieht. Ich beiße mich fest, und viel zu früh ist die Zeit abgelaufen.

Bei der nächsten Frage soll man Zahlenreihen ergänzen. Schnell gehe ich weiter, wenn ich die Struktur nicht sofort erkenne. "Die Hälfte der Zeit ist um", sagt Rogel, und ich bin bereits durch - allerdings habe ich mehr als die Hälfte der Fragen ausgelassen. Sieben Minuten Zeit, um sich 16 Warennamen aus vier Artikelgruppen und Herkunftsländern mit vier verschiedenen Preisen zu merken.

Mein Hirn arbeitet auf Hochtouren, aber ich weiß nicht, ob das genügen wird, um das Ziel zu erreichen. Völlig ausgebremst fühle ich mich bei der Frage nach dem räumlichen Vorstellungsvermögen. Nur jetzt nicht unsicher werden.

Ich merke genau, was ich nicht weiß, und das ist eine ganze Menge. Aber es ist mir egal, weiter, die Fahrt durch mein mentales Leistungsvermögen macht inzwischen Spaß. Frage sechs, zunächst ausgelassen, kann ich im zweiten Durchgang lösen. Ebenso kurzen Prozess mache ich bei der letzten Frage nach den beiden Wörtern mit dem gemeinsamen Oberbegriff. Der VW-Bus ist kaum mehr zu bremsen.

"Das Ergebnis wird Ihnen in knapp zwei Wochen mit der Post zugeschickt", sagt Rogel nach 90 Minuten beim Einsammeln der Bögen. Bis dahin werden mich die Kollegen wahrscheinlich nicht mehr nach dem Ergebnis fragen. Die haben hoffentlich ein genauso schlechtes Gedächtnis wie ich.

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