Handgreiflicher Frieden

Zwei Gladbacher sammeln einen Handdruck nach dem anderen. Auch heute bei der Feier zum Fall der Mauer in Berlin. Eine Aktion, die auch Tränen laufen lässt.

Mönchengladbach. Wenn Menschen sich umarmen, wenn sie sich die Hand geben, was geschieht dann zwischen ihnen? Was ist es, was den Raum zwischen ihnen ausmacht?

Bernhard Petz denkt über diese Fragen schon seit einiger Zeit nach: "Eine solche Idee braucht jedoch ihre Entwicklung. Vier Jahre habe ich daran gearbeitet, sie künstlerisch umzusetzen", sagt der bildende Künstler und Musiker.

Zunächst entstand seine erotische Skulptur, die den Zwischenraum einer Umarmung als Abdruck gegenständlich machte. Gemeinsam mit Zdzislawa Worozanska-Sacher entwickelte Bernhard Petz dann das Projekt "Handgreiflich für den Frieden": Die beiden Musiker der Niederrheinischen Sinfoniker sammeln den menschlichen Händedruck, indem sie ihn in auf einer dünnen Scheibe Ton festhalten.

Der dreidimensionale Abdruck, der so entsteht, wird anschließend getrocknet. Das, was von dem Material aus Lehm an den Händen bleibt, wischen die Teilnehmer der Aktion auf weißen Tüchern ab. Es entsteht ein weiteres Kunstobjekt - erdfarbene Spuren auf weißem Grund, aus denen bis jetzt acht Bilder entstanden sind.

Die vielseitigen beiden Mönchengladbacher Künstler haben ihre Installationen schon an verschiedenen Orten vorgestellt. Unter anderem in Innsbruck, anlässlich des Weltfriedenstags im polnischen Lodz und am 1. September in Danzig.

Wenn sie heute in Berlin beim Fest der Freiheit auf dem Potsdamer Platz den Händedruck der Menschen sammeln, dann "ziehen wir bewusst einen Bogen vom Beginn des Zweiten Weltkriegs zur friedlichen Revolution in Ostdeutschland, die den Fall der Mauer möglich machte", so Bernhard Petz.

Der Zwischenraum des Händedrucks ist für die beiden eine Geste der Annährung und Offenheit, Sinnbild der Akzeptanz zwischen den Kulturen: "Wir wollen zum Nachdenken anregen, wie man sich für Frieden einsetzen kann", sagt der gebürtige Tiroler. Die Reaktionen der Menschen seien nicht immer vorhersehbar, und "das ist auch gewünscht", fügt seine Partnerin hinzu.

Unvergessen geblieben sind den beiden Künstlern die Tränen eines alten Mannes in Lodz. Er war Soldat im Zweiten Weltkrieg gewesen und ihn rührte die Händedruck-Aktion als besondere Geste der Aussöhnung zwischen Polen und Deutschen. Egal, ob sie mit ihrem Kunstprojekt Männern oder Frauen, alten oder jungen Menschen begegneten: "Wir kommen mit ihnen ins Gespräch, und das Schöne ist, dass sie uns oft direkt ihre Emotionen zeigen", sagt Petz. Auch bei der Feier zum Fall der Mauer in Berlin sei es ihnen wichtig, mit ihrer Kunstaktion Teil des Ganzen zu sein.

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