Fußball-EM 2024: Bitteres Aus für Mönchengladbach

Aus NRW sind die Städte Köln, Dortmund, Gelsenkirchen und Düsseldorf als Spielorte einer möglichen Fußball-EM 2024 geplant. Bis auf Hamburg ist der Norden verwaist.

 Die Bild-Kombo zeigt (von oben rechts im Uhrzeigersinn) die Stadien in Köln, Gelsenkirchen, Dortmund und Düsseldorf, die bei der EM 2024 die Spielorte in NRWsein sollen, wenn der DFB im kommenden Jahr den Zuschlag für die Ausrichtung erhält.

Die Bild-Kombo zeigt (von oben rechts im Uhrzeigersinn) die Stadien in Köln, Gelsenkirchen, Dortmund und Düsseldorf, die bei der EM 2024 die Spielorte in NRWsein sollen, wenn der DFB im kommenden Jahr den Zuschlag für die Ausrichtung erhält.

Foto: Archivbilder

Düsseldorf. Früher war Peter Frymuth Präsident von Fortuna Düsseldorf. Heute ist der Mann Vizepräsident Spielbetrieb und Fußballentwicklung beim Deutschen Fußball Bund (DFB) in Frankfurt. Und am Freitag war der 60-Jährige endlich mal wieder richtig stolz auf seine Heimatstadt: „Düsseldorf hat eine überdurchschnittlich gute Gesamtbewerbung abgegeben“, sagte Frymuth im Gespräch mit unserer Zeitung, als längst klar war, dass die rheinische Metropole zum Zug gekommen war. Und nun eine jener zehn Städte ist, mit denen der DFB in die EM-Bewerbung gegen die Türkei zieht, die im September 2018 endgültig entschieden wird.

Fußball-EM 2024: Bitteres Aus für Mönchengladbach
Foto: dpa-infografik GmbH

Die Auswahl war anhand transparenter Kriterien gefallen. Soweit das möglich ist, wenn man diese Kriterien unterschiedlich gewichtet. Den Bewerbern waren alle Kriterien schon vorher alle Kriterien bekannt, nicht aber deren unterschiedliche Gewichtung. „Es war nicht allein die Arena wichtig, weil die Stadien allein nur zu 25 Prozent in die Gesamtbewertung eingegangen sind“, sagte Frymuth am Freitag. „Düsseldorf hat vor allem das große Engagement der Stadt mit Oberbürgermeister Geisel an der Spitze, getragen von allen Parteien und auch von den Düsseldorfern selbst, überzeugt.“ Die NRW-Landeshauptstadt etabliert sich zunehmend als Sportstadt für internationale Großsportereignisse: die Tischtennis-WM und die Tour de France in diesem Jahr haben den Ruf gewiss nicht geschwächt. Nun wird man erstmals seit der EM 1988 (damals im Rheinstadion) womöglich wieder Gastgeber eines Großereignisses des Fußballs sein: 24 Nationalteams sind bei der EM dabei.

Fußball-EM 2024: Bitteres Aus für Mönchengladbach
Foto: Roland Weihrauch/dpa

Stolz präsentierten Freitagnachmittag Thomas Geisel, Stadtdirektor Burkhard Hintzsche und Martin Ammermann, Geschäftsführer der Düsseldorf Congress Sport & Event GmbH, ihren Stolz, Geisel ballte einmal sogar vor Freude die Faust. „Der DFB hat gespürt, dass die ganze Stadt für dieses Ereignis brennt.“ Hintzsche war glückselig: „Platz eins unter den NRW-Bewerbern, der dritte Platz insgesamt. Und das in einem starken Bewerberfeld. Das hatten wenige so vorausgesetzt“, sagte der Stadtdirektor. 103 Kriterien mussten die Konzepte der 14 Bewerberstädte erfüllen. Nur Berlin und München punkteten insgesamt besser als Düsseldorf.

Fußball-EM 2024: Bitteres Aus für Mönchengladbach
Foto: dpa-infografik GmbH

Per Videobotschaft gratulierte auch Robert Schäfer, Vorstandsvorsitzender von Fortuna Düsseldorf: „Wir als Verein freuen uns mit allen, die mitgeholfen haben.“ Es gibt noch einiges zu tun. Bis zur EM soll der Hospitality-Bereich erweitert und die Flutlichtanlage angepasst werden. Dafür gibt es von der Stadt ein zusätzliches Budget über vier Millionen Euro. Düsseldorfs Oberen hoffen, zumindest ein Vorrundenspiel mit deutscher Beteiligung zu bekommen. Denkbar wäre ein Szenario, in dem die Arena Schauplatz für drei Gruppenspiele wird. Als Endspielort kommt Düsseldorf nicht infrage.

Was für ein Kontrastprogramm: Düsseldorf und Köln dabei, Dortmund trotz des enttäuschenden achten Platzes im DFB-Ranking auch, Gelsenkirchen als Neunter. Nur Mönchengladbach ist von den Bewerbern des Westens die Chance genommen, endlich Gastgeber eines solchen Großevents zu werden. Abgeschlagen landete die Stadt am Niederrhein auf dem vorletzten Platz. Vor Bremen. Dabei war man sich außergewöhnlich sicher, dieses Mal zum Zuge zu kommen. Bis zuletzt.

„Ich bin nicht sauer, ich bin stinksauer“, sagte Rainer Bonhof, der Weltmeister von 1974. Die Vorfreude war groß, der Sekt in den Geschäftsräumen stand eisgekühlt auf dem Tisch. Die kleine „Borussen-Runde“ mit Geschäftsführer Stephan Schippers, Bonhof, Mediendirektor Markus Aretz und Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners wartete auf den erlösenden Anruf. Kurz vor 13 Uhr klingelte das Telefon, OB Reiners nahm ab, am anderen Ende: Reinhard Grindel aus der DFB-Zentrale. Einige Sätze, dann war da nur noch Enttäuschung. Der Sekt wurde gleich wieder nach draußen gebracht, kein Korken knallte. „Ich habe es nicht fassen können. Das muss ich erst einmal sacken lassen“, sagte Reiners am Freitag. „Die Enttäuschung ist riesig. Es ist unfassbar. Wir waren so optimistisch.“

Mönchengladbach, sagte DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius, habe zwar eine vorbildliche Bewerbung mit Enthusiasmus abgegeben, aber: „In Sachen Stadionkapazität, Mobilität und bei der Hotelbettenanzahl war man nicht so gut wie andere Städten.“

Reiners grummelte etwas von einer „technokratischen Entscheidung“. Man habe auf Tradition und Herz gesetzt, das aber „hat offenbar überhaupt keine Rolle gespielt“. Keine ICE-Station, das Stadion zu weit außerhalb — diese Mängel schlugen zu Buche und waren vorher klar. Aber man hatte am Niederrhein an Emotion geglaubt. „Welcher Fan braucht schon Fünf-Sterne-Hotels“, schimpfte Bonhof. Das ohnehin nicht sonderlich gute Verhältnis zum DFB wird die gestrige Entscheidung nicht erheblich verbessern. Nach 1974 (WM), 1988 (EM) und 2006 (WM) geht der Traditionsstandort erneut leer aus. Nicht zu Gute gekommen sind Mönchengladbach der DFB-Skandal um das Sommermärchen 2006. Seither ist Boss Grindel um Transparenz bemüht wie keiner vor ihm.

Das haben auch Hannover und Bremen zu spüren bekommen. Städte des Nordens, dort, wo Grindel zuhause ist. Deren Scheitern wertete Grindel als Beleg für Fairness und Transparenz. „Früher war es üblich, dass der DFB-Präsident etwas für seine Heimatregion tut“, sagte Grindel. „Jetzt hält er sich an die Regeln, auch wenn das Ergebnis manchmal keine Freude bereitet.“ Die Zeiten von Hinterzimmern und Mauscheleien sollen unter befreundeten Funktionären soll vorbei sein. Zwar seien „alle 14 Bewerber geeignet gewesen“, sagte Grindel. zum neuen Verständnis des DFB gehöre aber auch, dass es keine Geschenke in Form von Länderspielen oder Kompensationen für die Unterlegenen geben werde. „Es war ein Wettbewerb, bei dem wir zu einem Ergebnis gekommen sind“, sagte Grindel. Um zugelassen zu werden, hätte Mönchengladbach vor dem Neunten Gelsenkirchen landen müssen, weil maximal vier West-Teilnehmer infrage gekommen wären.

Jenes Ergebnis fiel laut Curtius vor allem zwischen den Plätzen zehn, elf und zwölf sehr knapp aus. „Nach Rücksprache mit Transparency International wurde es aber so durch das Präsidium bestätigt“, sagte Curtius. So kam Frankfurt — in der Vergangenheit Schauplatz großer WM- und EM-Spiele — gerade noch mit einem blauen Auge davon. „Frankfurt hätte eine bessere Bewerbung abgeben können“, kritisierte Curtius.

Rainer Bonhof schaut auf das Duell des DFB mit der Türkei, das Grindel am Freitag entgegen anderer Stimmen „als völlig offen“ bezeichnete, seit Freitag mit anderen Augen. „Wer weiß schon, was Ende kommenden Jahres passiert. Vielleicht macht ja die Türkei das Rennen und Deutschland guckt in die Röhre. Sicher bin ich mir nicht mehr. Man sieht: es ist alles möglich in der Welt des Fußballs.“

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