Europawahl: Nur wer wählt, macht mit

Die Wahlbeteiligung geht immer weiter zurück. In Mönchengladbach ganz besonders. Oberbürgermeister Bude kämpft dagegen an.

Mönchengladbach. Wenn am Sonntag das neue Europaparlament gewählt wird, werden wohl viele Wahlurnen nur schwach gefüllt sein. Die Wahlbeteiligung, so steht zu befürchten, wird äußerst gering ausfallen. Schon bei der letzten Europawahl war sie enttäuschend. 42,5 Prozent der Wahlberechtigten gingen im Kreis Viersen zur Urne, 40,7 Prozent waren es in Krefeld. In Mönchengladbach beteiligten sich sogar nur 33,2 Prozent an der Europawahl.

Für Mönchengladbach nichts Ungewöhnliches. "Bei uns liegt die Wahlbeteiligung seit 30 Jahren deutlich unter dem Schnitt von Bund und Land", sagt Oberbürgermeister Norbert Bude (SPD). Bei allen Wahlen.

Aber abfinden wollte sich Politiker Bude damit nicht. In Zusammenarbeit mit der Hochschule Niederrhein hat er das Phänomen untersuchen lassen. Die Wissenschaftler bestätigten seinen Eindruck. Acht bis neun Prozent weniger, so ihr Fazit. Und wollten es genauer wissen.

Sie führten Gespräche mit vielen Nichtwählern in Mönchengladbach. Ihre Erkenntnisse: Viele Nichtwähler sind frustriert von der politischen Verwaltung, ein Großteil sind "Konjunkturwähler"; mal wählen sie, mal wählen sie nicht. Vor allem aber weist Mönchengladbach eine schwache Sozialstruktur auf: Die Arbeitslosigkeit ist besonders hoch, mehr Menschen leben von Hartz IV. An Wahlen beteiligen sie sich nicht, sie sind enttäuscht und frustriert.

Doch auch das will Bude nicht so einfach hinnehmen. Er hat einen Kreis engagierter Bürger in Mönchengladbach zusammengetrommelt, diskutiert, ob und wenn was man gegen Wahlmüdigkeit tun kann.

In einem ersten Schritt hat Bude zur Europawahl einen Wahlaufruf gestartet, der von 43 prominenten Gladbachern unterzeichnet wurde. Vom Unternehmensboss bis zum Karnevals-Chef, vom Pfarrer bis zum Bezirkspräses der Schützen, von Borussenpräsident Rolf Königs bis Boxweltmeisterin Ina Menzer. "Ich glaube aber nicht, dass wir damit schon einen Erfolg bei der Europawahl erzielen", sagt Bude selbstkritisch.

Deshalb wird sich nach der Wahl am Sonntag ein Verein gründen, der "Aktiv für Mönchengladbach" heißen soll. Der soll das Ehrenamt fördern und Initiativen unterstützen, die sich für Gladbach engagieren. Mit diesem Kreis von Engagierten will Bude dann auch gezielt auf frustrierte und enttäuschte Menschen zugehen, sie persönlich ansprechen und aus ihrer Verweigerungshaltung zurückholen. Ihnen vor Augen führen, dass sie durch Mitmachen an der Verbesserung ihrer Situation arbeiten können.

Stadtchef Bude selbst geht mit gutem Beispiel voran. In über 20 Schulen hat er bereits mit Jugendlichen diskutiert, hat ihnen deutlich gemacht, dass rechte Gruppierungen wie die NPD davon profitieren, wenn man nicht zur Wahl geht. Aber er hat nicht nur von der Theorie erzählt, sondern auch zur Praxis geraten, empfohlen, sich einzumischen: "Wenn ihr euch für ein neues Aussehen eures Schulhofes einsetzt, dann ist das schon Politik."

Ob seine Mission erfolgreich war, wird Bude leicht ablesen können: bei der Beteiligung an der Kommunalwahl am 30. August oder der Bundestagswahl am 27. September. Spätestens bei der Landtagswahl im nächsten Jahr will er mit seiner Stadt bei der Wahlbeteiligung nicht mehr abgeschlagen sein: "Wir spielen mit Borussia schließlich auch in der ersten Liga."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort