Eselchen und der Ersatzpapa

Tierpark: Von seiner Mutter wird der Esel gebissen, jetzt zieht ihn Pfleger Christian Sweet auf.

Mönchengladbach. Als das kleine graue Tierchen mit dem weichen, dichten Fell vor zehn Tagen im Tierpark Odenkirchen auf die Welt kam, musste Parkdirektor Norbert Oellers schnell entscheiden. Von der Mutter wurde der Esel ununterbrochen getreten. "Wenn wir den Kleinen im Gehege gelassen hätten, wäre er sofort gestorben", sagt Oellers und blickt dem Esel nach, der vergnügt durch den Tierpark springt.

"In der Natur hat es immer einen Grund, warum die Mutter ihr Junges nicht annimmt. Meist sind die Tiere krank und wären nicht lebensfähig", erzählt Oellers. Doch bei der Untersuchung konnte man keine Krankheiten feststellen.

"Ich hab’ mich sofort gemeldet, um Eselchen zu betreuen. Irgendwie hab’ ich mich in ihn verliebt", sagt Christian Sweet. Dem 1,90 Meter-Mann weicht der kleine Hengst nicht von der Seite. Jetzt ist er der Star im Tierpark. Alle wollen ihn sehen.

Wie sein berühmter Kollege Thomas Dörflein es in Berlin bei Knut gemacht hat, zieht auch Sweet seinen Schützling mit der Flasche auf, gibt ihm die Streicheleinheiten, die auch kleine Esel zum Glücklichsein brauchen.

Das Unterfangen bleibt jedoch für den zehn Tage alten Esel noch ein riskanter Weg: Die Erfolgsaussichten für eine erfolgreiche Aufzucht liegen aufgrund der Infektionsgefahr in den ersten vier Wochen nach der Geburt bei gerade einmal 50 Prozent. "Darum hat er auch noch keinen Namen. Wir glauben, dass es Unglück bringt", sagt Sweet.

Seine linke Hand ruht sanft auf dem Rücken des Esels, der mit einem Mal ganz ruhig stehen bleibt. Mit der Rechten gibt der 32-Jährige "Eselchen", wie Sweet seinen Schützling liebevoll nennt, die Flasche mit Ersatz-Milch aus der Zoohandlung.

In den nächsten Tagen werden die Runden, die er mit Eselchen durch den Tierpark dreht, immer größer. "Die anderen Tiere sind natürlich total erstaunt. Sie sind es ja gewöhnt, von Menschen beobachtet zu werden, aber nun steht ein kleiner Esel bei ihnen", erzählt Sweet.

Und Eselchen? Der rennt meist zu den Hirschen. "Die mag er am liebsten. Vor seiner Mutter nimmt er mit angelegten Ohren Reißaus."

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