Erbe: Stadt ignoriert den letzten Willen einer Verstorbenen

Die Kommune erhält von einer verstorbenen Frau über 520000 Euro. Sie verwendet das Geld aber nicht, wie gefordert, für die Flüchtlingsarbeit.

Mönchengladbach. Die Angelegenheit ist, gelinde formuliert, brisant. Da vermacht eine Frau der Stadt rund 526000 Euro mit der Auflage, das viele Geld für die Flüchtlingsarbeit in Gladbach zu verwenden. Doch die Stadtspitze um OB Norbert Bude (SPD) ignoriert diesen letzten Willen, sagen jetzt Vertreter des Gladbacher Arbeitskreises Asyl.

Sie schrieben einen Brief an den Sozialdezernenten der Stadt, Michael Schmitz (CDU). Der ist auch Hausjurist der Stadtverwaltung. Eine Durchschrift erhielt Bude, der wiederum in Urlaub ist.

Die Erblasserin, eine Gladbacherin, hat als ehemalige DDR-Bewohnerin das Schicksal von Flüchtlingen erlebt. Es verwundert daher nicht, dass sie die Summe 2007 für diese Personen zur Verfügung stellte, Deutsche wie Ausländer.

Laut Asyl-Kreis, dem die Kirchen, aber auch Parteien und zahlreiche Wohlfahrtsverbände angehören, haben Bude und seine Dezernenten alleine über die Verwendung des Geldes entschieden. Die Politik sei nicht informiert worden.

Erste Beträge aus dem Erbe seien demnach bereits an einen Personenkreis geflossen, der auf Leistungen des SGB II beziehungsweise SGB XII angewiesen ist. SGB steht für Sozialgesetzbuch. "II" sind die, die man landläufig Hartz-IV-Bezieher nennt. "XII" - das ist eine Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit.

So sinnvoll es sei, diese Menschen finanziell zu unterstützen, dem Willen der Erblasserin entspricht das nicht, formuliert Pfarrer Edmund Erlemann in dem Brief. Er ist Sprecher des Arbeitskreises Asyl.

Deren Mitglieder weisen Schmitz wie Bude eindringlich darauf hin, dass das geerbte Geld ausschließlich für deutsche und ausländische Flüchtlinge einzusetzen sei. "Wir hoffen und erwarten..., dass sie noch einmal Zweck und Modus des Mitteleinsatzes überdenken und sich dazu durchringen, dem ursprünglichen Willen der Erblasserin gerecht zu werden...", schreibt Erlemann. Der Brief liegt der WZ vor.

Dass es in Gladbach genügend Flüchtlinge - ob Einzelpersonen oder Familien - gebe, die dringend finanzielle Hilfe benötigten, darauf macht der Kreis um den sozial engagierten Erlemann ebenfalls aufmerksam.

Und er widerspricht der Aussage von Schmitz, den "Flüchtlingsbegriff nicht zu überdehnen", schließlich habe sich die Zahl von Asylbewerbern "auf niedrigem Niveau stabilisiert".

In einer schriftlichen Erklärung betont die Stadt gegenüber der WZ, dass man "eine weitere Auslegung des Flüchtlingsbegriffs gewählt hat". Bude habe am 9. März 2010 auf Vorschlag der Sozialverwaltung (Schmitz ist hier der Chef) entschieden, den "Erbschaftserlös" für Kinder mit Migrationshintergrund zu verwenden. Konkret: deren Eltern, SGB-II- beziehungsweise SGB-XII-Bezieher, bezahlen dann keinen Beitrag, wenn die Kids Offene Ganztagsschulen (Ogatas) besuchen. Hier sind beispielsweise Beträge fürs Mittagessen fällig.

Bude hat ausgerechnet, dass das Erbe viereinhalb Jahre reicht, um diese Ogata-Kinder glücklich zu machen.

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