Elvira geht in die Verlängerung

Die Jugendwerkstatt in Rheydt zieht Bilanz. Die kann sich sehen lassen.

Mönchengladbach. Tim ist 16 und arbeitet in der Schlosserei der Kuhlen 8. An drei Nachmittagen in der Woche geht er ins Weiterbildungskolleg, um den Schulabschluss nachzuholen. "Ich habe jetzt gemerkt, wie wichtig das ist ", sagt er. In seiner früheren Schule war er zweimal sitzengeblieben. "Ich hatte keine Lust auf Schule", sagt er. Elvira ist 19, sie stammt aus dem Kosovo. Sie hat bereits ein Jahr im hauswirtschaftlichen Bereich der Kuhlen 8 hinter sich und sucht jetzt einen Ausbildungsplatz. "Ich habe kochen und backen gelernt", sagt sie und präsentiert mit Stolz die gebackene Torte.

Obwohl ihr Jahr in der Kuhlen 8 vorbei ist, hat Leiter Wolfgang Puk für sie eine Verlängerung erwirkt. "Wir setzen niemanden auf die Straße", sagt er. "Elvira ist sehr zuverlässig und bringt Leistung. Wir werden schon einen Ausbildungsplatz für sie finden."

In der städtischen Jugendwerkstatt am Kuhlenweg8 in Rheydt haben in jedem Jahr 48 Jugendliche die Möglichkeit, sich auf das Berufsleben vorzubereiten. In vier Bereichen können sie praktische Fähigkeiten erwerben: in Schlosserei, in Schreinerei, in Hauswirtschaft und im Innenbau. Außerdem gibt es Unterricht in Deutsch und Mathe, es werden Praktika absolviert, Ausflüge gemacht und Schulabschlüsse nachgeholt.

Großer Wert wird auf Pünktlichkeit und das Einhalten von Regeln gelegt. "Wer zu spät kommt, wird auch schon mal wieder nach Hause geschickt", erklärt Puk. "Die Jugendlichen müssen merken, dass wir nicht nur reden, sondern auch handeln." Der konsequente Ansatz habe Erfolg: die Jugendlichen kommen gern. 60 bis 70 Prozent beenden das Jahr erfolgreich. "Das ist viel, wenn man bedenkt, dass einige zu uns kommen, die in der Schule 200 Stunden Fehlzeit angehäuft haben", betont der Leiter der Einrichtung.

Die jungen Teilnehmer sind acht Stunden pro Tag in der Kuhlen 8. Frühstück und Mittagessen bereitet die Hauswirtschaftsgruppe vor. "Das Angebot wird bombastisch angenommen", freut sich Puk. "Früher kam es, dass Jugendliche sich nur von Eistee ernährt haben, aber jetzt frühstücken viele." 150 Euro im Monat und ein NVV-Ticket bekommen die Jugendlichen für ihre Teilnahme, allerdings nur, wenn sie sich an Regeln halten. "Es kann auch weniger ausgezahlt werden, wenn jemand trödelt", sagt Puk. Doch bei aller disziplinarischen Konsequenz, der Sozialpädagoge sieht sich als Anwalt der Jugendlichen. "Sie brauchen jemanden, der sich wirklich um sie kümmert", meint er. In den Elternhäusern passiere das aus den unterschiedlichsten Gründen oft nicht.

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