Die Nöte der Großfamilien

Wer viele Kinder hat, wird von der Politik benachteiligt. So sieht das eine Gladbacherin und kämpft dagegen an.

Mönchengladbach. Für kinderreiche Familien wird nicht genügend getan. Da ist sich Elisabeth Müller als Vorsitzende des vor rund einem Jahr gegründeten Verbandes kinderreicher Familien sicher. Seit einem halben Jahr ist er in Mönchengladbach beheimatet, wo die promovierte Apothekerin mit Mann und sechs Kindern im Alter von acht bis 16 Jahren wohnt.

300 Mitgliedsfamilien sind inzwischen im Verband organisiert, „dahinter stehen also mehr als 1500 Menschen“, sagt sie. Manche Familien hätten elf Kinder. „Als kinderreich gilt man schon ab drei Kindern“, sagt sie. „Das trifft auf 14 Prozent der Bevölkerung zu, immerhin 1,2 Millionen Menschen.“

80 Prozent dieser Familien verzichten auf ein zweites Gehalt. Vater Müller arbeitet als Betriebswirt in einem Gladbacher Unternehmen, Elisabeth Müller selbst an einen Vormittag in der Woche in einer Apotheke. Ein Umstand, der dem Vorstand bereits im Dezember einen Termin im Familienministerium in Berlin einbrachte. „Dort hat man unumwunden zugegeben, dass sich die Politik bislang nicht um unsere Belange kümmert“, berichtet sie. „Weil wir bislang nichts gefordert haben.“

Für Müller ist klar: „Wir leisten viel für die Gesellschaft und tragen die Last ganz alleine.“ Ein Drittel der Deutschen sei inzwischen ohne Kinder. „Viele junge Menschen scheuen die Verantwortung und die Last“, sagt sie. „Dafür habe ich Verständnis.“ So hat die deutsche Durchschnittsfamilie nur noch 1,4 Kinder, in Frankreich sind es 2,1. „Hier liegt ein weiterer Schlüssel für eine bessere demographische Entwicklung, man kann auch die Mehrkindfamilie fördern.“

Klar war in bei den Gesprächen im Bundesministerium auch, dass weder das Elterngeld noch eine Erhöhung der Anzahl der Krippenplätze für diese Familien eine echte Erleichterung bringen. „Wir müssten die Kosten für Kinder besser von der Steuer absetzen können: Musikschule, Sportvereine, Auslandsaufenthalte für die Kinder“, nennt Müller einige Forderungen des Verbandes.

Als Großverbraucher seien diese Familien von der Mehrwertsteuer stark betroffen und es gebe immer mehr Eltern, die trotz guter Einkommen unter die Armutsgrenze rutschten. „Also: höhere Steuerfreibeträge für Kinder“, fordert Müller. Gerecht wäre in ihren Augen auch, wenn diese Freibeträge vor Berechnung der Sozialabgaben in Abzug gebracht würden, diese also nicht so hoch wären.

Kindererziehungszeiten müssten bei der Berechnung der Rente stärker berücksichtigt werden. „Und dann müsste uns nach der Elternzeit die Wiedereingliederung in den Beruf erleichtert werden.“ Zunächst einmal bilden die Verbandsmitglieder ein Netzwerk. Das Ziel: in der Öffentlichkeit positiv wahrgenommen zu werden. „Wir sind weder phänomenal noch asozial. Wir sind ganz normal.“

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