Dem „Rollmarkt“ für Skateboarder droht das Aus

Der betreibende Verein kann die Kosten nicht mehr tragen und wirbt mit Aktionen für Partner und Sponsoren.

Dem „Rollmarkt“ für Skateboarder droht das Aus
Foto: Raupold, Vittinghoff

15.45 Uhr — Startschuss für den kostenfreien Kids-Workshop am Dienstag. Neun junge Skater kommen aus allen Ecken der ehemaligen Kik-Filiale an der Hauptstraße 1 angerollt, um sich vor der Rampe am Fenster zu versammeln. Bunte Helme auf den Köpfen, Schoner an den Knien, Turnschuhe an den Füßen, das Board in der Hand: Alles ist bereit für die nächsten 75 Minuten im „Rollmarkt“. Es ist der „überdachte Abenteuerspielplatz“, der den Traum einer eigenen Halle zumindest als Zwischennutzung zur Wirklichkeit gemacht hat.

Dem „Rollmarkt“ für Skateboarder droht das Aus
Foto: Raupold, Vittinghoff

Bevor es richtig losgeht mit dem Kids-Workshop, werden die Grundlagen des Skateboards geklärt. Erst dann geht es über die weiß-schwarzen Supermarktfliesen. Zum Fahren und Bremsen. Zum Hinfallen, Aufstehen und doch einfach Weitermachen.

17 Uhr: Die Halle ist nun für den öffentlichen Betrieb geöffnet. Ebenfalls kostenlos — wer hineinkommt, trägt sich einfach in einer Liste ein. Jeden Tag in der Woche ist das von 15 bis 20 Uhr so, freitags und samstags sogar bis 22 Uhr.

„Das ist das Schönste: das Miteinander. Jeder hilft jedem, alle sind füreinander da. Eben eine echte Rollbrett-Union“, sagt Timo Hillebrecht, Skater seit 30 Jahren. Nun steht er am Tresen aus alten Paletten und teilt Boards aus an alle, die kommen. Den gegenseitigen Respekt in der Szene schätzt auch Kevin Rekers, ehrenamtlicher Helfer im Rollmarkt. Vieles in der Halle wurde gemeinsam gebaut. In einem Hinterraum werden T-Shirts mit dem Rollbrett-Union-Logo gestaltet, ein Graffiti schmückt die ehemalige Supermarkt-Wand, an einem Computer-Bildschirm kann ein von Skater Andreas Balasescu selbst programmiertes Skateboarder-Spiel ausprobiert werden. Und selbst manche Rampen und Hindernisse sind in Eigenanfertigung entstanden.

„Das schafft eine ganz andere Zugehörigkeit zu der Ausstattung. Die Kids wissen, wie viel Arbeit in den Dingen steckt und geben dementsprechend Obacht“, sagt Suhari. Der Sport selbst tue ein Übriges. „Man bekommt ein besseres Körpergefühl, eine bessere Balance und kann seine eigenen Fähigkeiten besser einschätzen“, sagt er. Und auch ein besonderes Verantwortungsgefühl ist überall in der Halle zu spüren. So zeigen die Älteren den Jüngeren Tricks.

Großes Vorbild ist unter anderem Dominic Wenzel. Der 18-Jährige hat sich sein erstes Board vor sieben Jahren geholt, jetzt nimmt er in wenigen Wochen mit sieben weiteren Vereinsmitgliedern an den Deutschen Meisterschaften im Europapark Rust teil. Für ihn geht der Wert des Sports aber noch viel weiter: „Seit ich in der Halle bin, hat sich die Zahl meiner Freunde verdoppelt“, sagt er.

Es könnte alles so schön sein mit dem Rollmarkt. Wenn nicht die Schließung am 15. November bevorstünde. Vor einigen Tagen hat Suhari Daten über den Rollmarkt ausgewertet, um sie bei der Stadt als „harte Fakten“ vorstellen zu können: 8596 Besucher, 3158 geliehene Boards und Schoner, mehr als 30 Workshops, acht Anfragen von Schulen für AGs und Ferienkurse — das alles seit dem 28. Mai. „Jeden Tag sind im Schnitt 77 Skater hier. Und jedes dritte Kind, das zu uns kommt, stand zuvor noch nie auf einem Skateboard“, sagt Suhari. „Das hier ist wie ein Magnet. Ein Zuhause für Skater und alle, die Bock haben“.

Der junge Verein aber kann die Kosten alleine nicht tragen und möchte das Geldproblem nicht auf dem Rücken der Kinder austragen — Partner und Lösungen müssen gefunden werden. Darum will die Union jetzt mit Veranstaltungen wie einem Trödelmarkt am 21. Oktober oder einer offenen Skateboard-Stadtmeisterschaft vom 27. bis zum 29. Oktober auf sich aufmerksam machen. Und so die vielen vorhandenen Pläne umsetzen. „Nur so können wir die Kinder erreichen. Wenn wir nicht nur reden, sondern auch handeln“, sagt Suhari.

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