Ausgehmeile braucht Netzwerker

Viele Gladbacher sehnen die geplanten Veränderungen in der Altstadt — wie die Neugestaltung des Abteibergs — herbei. Doch es gibt auch Sorgen, wie bei der Bezirksvertretung Nord deutlich wurde.

Ausgehmeile braucht Netzwerker
Foto: Ilgner

Es ist nicht nur Gutes, was über die Waldhausener Straße und deren Umgebung gesagt wird. Dabei hat die traditionelle Ausgehmeile der Mönchengladbacher so vieles, was sie besonders macht. Da ist allein die Topographie: Auf altem Pflaster, links und rechts flankiert von bunten Häusern, geht es bergab Richtung Aachener Straße. Reichlich Gastronomie. Zugegeben, manche mehr, manche weniger anspruchsvoll. Es gibt Perlen wie die Initiative Waldhaus 12, die Kulturküche oder die Zwischennutzung Café Köntges. Es gibt aber auch viele Leerstände.

Früher war alles besser, das ist immer wieder zu hören. Die Glanzzeit war in den Siebzigern, als die Prominenz aus dem ganzen Rheinland zu Günter Netzers Diskothek „Lovers Lane“ pilgerte. Aber auch 20 Jahre später fuhren Düsseldorfer zum Ausgehen nach Gladbach. So ist es auch heute noch manchmal. Wenn besondere Bands oder DJs auftreten, wenn bei der Kulturnacht, die Innenstadt „nachtaktiv“ ist.

Die andere Seite: das Kneipensterben, der ramponierte Ruf der Altstadt, immer wieder Kriminalität, ausbleibende Besucher. Doch wie es in dieser Stadt so oft ist, haben sich Menschen zusammengetan, um etwas zu ändern. Im „Altstadtlabor“ gelang es mit Anwohnern, Gewerbetreibenden und Politikern, die Situation zu verbessern. Sauberkeit, Sicherheit, Beleuchtung, Wohnen und Arbeiten, öffentlicher Raum und Verkehr waren die Themen, um die es sich zu kümmern galt. Ein „Kümmerer“ behielt sie im Blick. Als der jedoch entfiel, verschlechterte sich die Lage wieder. Doch die Politik lernte offenbar daraus.

Seit November 2017 kümmert sich Marius Müller darum, dass die Altstadt weiter in Aufwind kommt. Der 32-Jährige ist Stadtteilkoordinator mit einer festen Stelle im Rathaus. Den Posten mit Müller zu besetzen, war ein geschickter Schachzug. Denn der Kommunikationsdesigner kam von der „anderen Seite“, der er übrigens noch immer angehört: Er hat beim „Altstadtlabor“ mitgewirkt, ist aktiv beim Verein Waldhaus 12, in der Initiative „altstadt mg“ und in der Quartiersarbeit Rheydt.

„Ich bringe den Blickwinkel des Akteurs in die Stadtverwaltung“, sagt er. Der gehört er gleichzeitig auch selbst an. Er netzwerkt draußen und innerhalb des Rathauses — mit einem Ziel: die Altstadt voranzubringen, Prozesse zu beschleunigen. Gespräche führte Müller viele in den vergangenen Monaten, mit Gastronomen, Anwohnern, Gewerbetreibenden, Kirchen und Verbänden.

In der zuständigen Bezirksvertretung Nord stellte er nun seine Arbeit vor und berichtete von ersten Erfahrungen. Seine wichtigste Erkenntnis: Viele Menschen sehnten stark die geplanten Veränderungen herbei wie die Neugestaltung des Abteibergs oder das Konzept für die Innenstadt mit einem neuen Wohnquartier auf dem Maria-Hilf-Areal. Davon erhoffen sie sich eine Aufwertung des Viertels. Es gibt aber auch Sorgen, dass die Altstadt sich zu sehr verändern könnte. Müller sieht sich als Scharnier, als Vermittler zwischen einer Stadtentwicklung von oben und der von unten, bei der sich Bürger einbringen.

Dass die Altstadt im Aufschwung ist, sei sichtbar, sagt Müller. In Neuansiedlungen wie Kolpingwerk und Soanhs Garküche, Veranstaltungsformaten wie Eat & Chill und Altstadtflohmarkt. Oder eben in der gerade dank Fördergeldern ausgeweiteten „Festbeleuchtung“. „Ein Leuchtturmprojekt, das mit wenigen Mitteln und viel Manpower umgesetzt wurde“, freut sich Müller. Die Boule-Bahn auf dem Grünewaldplatz soll reaktiviert werden und sei ebenso wie das Köntges ein Stadtteiltreffpunkt.

Die seit Dezember geltende Gestaltungsrichtlinie für die Altstadt hält Müller für richtig und macht Vorschläge, wie Gastronomen Außenterrassen trotz der strengen Regeln kreativ gestalten können. Seine überraschendste Neuentdeckung? „Der Brunnenhof hinter dem Münster, ein Kleinod.“

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