Asiatischer Sturm aufs Rathaus

Die Jecken übernahmen die Herrschaft. Und MKV-Chef Gothe gewann eine Wette.

Mönchengladbach. Sie waren der Blickfang an diesem bitterkalten Rosenmontag: 25 Mönchengladbacher mit ostasiatischen Wurzeln, die sich am Brunnen auf dem Rheydter Marktplatz für den Rathaussturm warm tanzten. Wenn sie nicht so fröhlich gelaunt dreingeblickt hätten, hätte man glatt Mitleid mit ihnen bekommen können. Denn ihr luftiges Clownskostüm war nicht gerade geeignet, um den Minusgraden zu trotzen. Auf dem Kopf trugen sie possierliche Mützen, am Körper bunt gestreifte Latzhosen - und darunter fröstelte es trotz Winterjacken merklich.

Bernd Gothe, Chef des Karnevalsverbands, hatte die bibbernde Delegation eingeladen, um ihn und seine jecken Mitstreiter bei der Erstürmung des Rathauses zu unterstützen. Dabei war eine gehörige Portion Eigennutz im Spiel. Schließlich hatte der Tausendsassa der niederrheinischen Jecken mit Oberbürgermeister Norbert Bude eine Wette abgemacht, die er unbedingt gewinnen wollte. Mit mindestens 22 asiatisch-stämmigen Gladbachern im Clownskostüm sollte er am Rosenmontag aufkreuzen - andernfalls müsste er den Gassenhauer "Drei Chinesen mit dem Kontrabass" solo anstimmen.

Hintergrund der fernöstlich angehauchten Wette: Gothe hatte in dieser Session bei einem Hersteller aus China en masse Spardosen in Clown- Form geordert. Mit ihnen sollen seine Karnevalisten den Zug-Groschen einsammeln - einen Obolus, mit dem der Veilchendienstagszug mitfinanziert wird. Das Staunen war groß, als die Bestellung eintraf: Die Clowns auf den Büchsen offenbarten chinesische Gesichtszüge - eine schmale Augenpartie samt pechschwarzer Haare. Das war zuviel für den heimatverbundenen Narren. Der China-Import wurde zum "Running Gag" der Session.

So durften die Mönchengladbacher am Montag erleben, wie die daraus resultierende Wette einen Sieg für MKV-Chef Gothe brachte. Nach dem Sturm auf das Rathaus jubelte die asiatische Gruppe auf dem Balkon den ungefähr 500 Jecken auf dem Marktplatz zu.

Die vorangegangene Erstürmung verlief nach dem üblichen Muster. MKV-Chef Gothe, unten auf dem Marktplatz stehend, und OB Bude, oben auf dem Balkon thronend, lieferten sich zunächst artig einen verbalen Schlagabtausch. Der Karnevalist machte sich über kommunalpolitische Eigentore wie die Ausweisung von Hundefreillaufflächen lustig. Derweil frotzelte der Politiker über Gothes massigen Körper.

Dann wurde zum Angriff geblasen. Nachdem der Widerstand der städtischen Truppen, der Blau-Gelben Funken, laut Gothe "gleich Null" war, kletterten die Garden auf die Balustrade. Prinz Holger I. rief nebst Prinzessin Niersia Kirsten die närrische Herrschaft aus.

Dem Publikum auf dem Marktplatz gefiel’s. Man müsse nicht gleich nach Düsseldorf oder Köln reisen, um Rosenmontag zu feiern, sagte die 36-jährige Nicole Heinrichs.

Die Begründung lieferte sie mit: "Die Gladbacher Jecken sind zwar nicht die Wichtigsten im rheinischen Karneval, aber dafür die Lustigsten."

Darauf nippte sie am mitgebrachten Likör.

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