587Tonnen rollen in der Nacht

Die WZ hat einen riesigen Transformator auf seinem Weg von Gladbach nach Frimmersdorf begleitet.

Mönchengladbach. Noch steht der, um den sich alles drehen soll, regungslos auf dem Hof des Unternehmens Areva. Von den meist männlichen Schaulustigen lässt er vor allem seine Megamaße bewundern. Der Koloss ist 80 Meter lang, bringt 587 Tonnen auf die Waage und hat 1269 Pferderstärken unter der Haube.

Doch die herausragendste Attraktion sind seine fast 40 Achsen: "Damit kann das Gewicht des allein 311 Tonnen schweren Transformators gleichmäßig verteilt werden", erklärt Friedrich Saam.

Er ist einer der vier Männer, die den Schwertransporter in wenigen Minuten mit höchstens 20 Stundenkilometern über Mönchengladbachs Landstraßen zum Braunkohlekraftwerk Frimmersdorf bringen sollen. "Wir werden wohl die ganze Nacht brauchen", sagt der Lkw-Fahrer. Die mögliche Route für den Schwertransport ist vorher genau geprüft worden: "Entscheidend sind Tragfähigkeit der Brücken, das Profil der Straßen und die Kurvenläufigkeit der Strecke", sagt Saam.

Weil es auf dem Weg von der Garten- über die Limiten- und Odenkirchener- bis zum Ortsausgang an der Zoppenbroicher Straße für den Koloss schon mal eng werden kann, wird die Fracht mit dem sogenannten Tragschnabelprinzip transportiert: Der Trafo wird zwischen zwei 15-Achsen-Anhängern eingespannt, der Transporter ist so mobiler und kann außerdem "unter Brücken niedriger gelegt werden", erklärt Mitfahrer Detlev Knauer.

21 Uhr: Es bewegt sich etwas auf dem Areva-Werksgelände. An der Torausfahrt werden Ampeln abmontiert und Schilder entfernt. Es ist ein Vorgang, der bis zum Ziel immer wieder notwendig sein wird. Je weiter der Zeiger Richtung 22 Uhr rückt, desto spürbarer wird jetzt die Unruhe.

Die Polizeibeamten der Verkehrsinspektion treffen ein und Einsatzleiter Sascha Hoitz gibt letzte Anweisungen: "Diese Größenordnung ist, was Breite, Länge und Gewicht angeht, eher ungewöhnlich. Ansonsten ist der Einsatz für uns Alltag."

Wenn es losgeht, koordiniert der Polizeibeamte den Funkverkehr zwischen allen Beteiligten. Insgesamt sechs Polizeiwagen werden auf der 60 Kilometer langen Strecke gebraucht, etwa um die Seitenstraßen freizuhalten. Die Speditionsunternehmen Wertfracht und Kübler stellen dazu acht Begleitfahrzeuge.

Wenige Minuten vor 22 Uhr wird Detlev Knauer unruhig. Der Fahrer setzt sich in das Schubfahrzeug ganz am Ende der Schwertransporters, der sich endlich um 22 Uhr in Bewegung setzt. Blaulicht gibt im Dämmerlicht den gespenstischen Rahmen.

Die Frage, wie das 80-Meter-Gefährt die erste Rechtskurve auf die Breite Straße bewältigen soll, ist schnell beantwortet. Zwei Fahrer auf dem Steuerstand lenken die beiden gegeneinander drehbaren blauen und roten Tragschnabelelemente in der Mitte des Transporters. Wie ein gewaltiges Schiff auf dem Trockenen bewegt sich der Koloss in die richtige Richtung und verschwindet unter den Blicken der vielen Schaulustigen in der Dunkelheit.

Nur ein kleines Mädchen ist von diesem Anblick nicht fasziniert: "Das ganze Gestell für den einen Karton", wundert sie sich. In der Nacht zu Montag wiederholt sich das Schauspiel dann mit einem weiteren Transformator.

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