Landespolitik Mobilität 4.0: NRW als Modellregion

Düsseldorf · CDU und FDP wollen das Land bei autonomem Fahren und der Vernetzung von Mobilitätsangeboten voranbringen. Debatte im Verkehrsausschuss.

 Alles andere als Zukunftsmusik: NRW soll bald eine Plattform bekommen, die Angebote des ÖPNV vernetzt mit Car-Sharing und Mieträdern.

Alles andere als Zukunftsmusik: NRW soll bald eine Plattform bekommen, die Angebote des ÖPNV vernetzt mit Car-Sharing und Mieträdern.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Mit großen Zielen für die Mobilität in Nordrhein-Westfalen startet die schwarz-gelbe Koalition in das neue Jahr. Im Verkehrsausschuss an diesem Mittwoch wollen CDU und FDP mit einem Antrag die Weichen stellen für „die Mobilität der Zukunft“ – es geht um die Verknüpfung von Verkehrsmitteln, neue Antriebe und autonomes Fahren. „Ziel ist es, NRW in den nächsten Jahren, ausgehend von den bestehenden Stärken, zu einem Kompetenzzentrum und einer Modellregion für Mobilität 4.0 zu entwickeln“, so die Antragsteller.

Bodo Middeldorf, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion ist sicher: „Wir stehen vor einem der größten Umbrüche in der Mobilität überhaupt.“ Viel habe die neue Landesregierung bereits in Angriff genommen, vor allem durch den Aufbau einer Abteilung im Verkehrsministerium, die sich ausschließlich mit dem Thema Fortbewegung der Zukunft befasst. Gerade zum 1. Januar, so teilte das Ministerium mit, hat nun das neue Kompetenzcenter Digitalisierung (KCD) seine Arbeit aufgenommen, das mit einer Fördersumme von fast sieben Millionen Euro bis 2022 unter anderem die Einführung eines landesweiten E-Tickets im öffentlichen Nahverkehr vorantreiben soll.

Kein Projekt zur Mobilität der Zukunft soll am Geld scheitern

Klar ist: Der technische Fortschritt wird nicht im Landtag oder in der Staatskanzlei gemacht. „Wir müssen die Rahmenbedingungen schaffen“, sagt Klaus Voussem, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, über die Aufgabe der Politik. „Aber, wo es sinnvoll und nötig ist, auch fördern.“ Mit Landesmitteln selbst, die Landesregierung wird im Antrag aber auch aufgefordert, mit der NRW-Bank Finanzierungsmöglichkeiten zu entwickeln und bei der Planung der neuen EU-Förderperiode das Thema in den Fokus zu rücken. FDP-Mann Middeldorf erklärt: „Wir haben den Anspruch, dass 2019 kein Projekt zur Mobilität 4.0 am Geld scheitert.“

Die Landespolitiker der Regierungskoalition sind sicher: Das fahrerlose Fahren gewinnt auf lange Sicht auf „der Straße, der Schiene, auf dem Wasser und in der Luft (Drohnen, Flugtaxen)“. Teststrecken zur Erprobung gibt es bereits in NRW, weitere sollen unterstützt werden. Jedes System, das entwickelt werde, solle in NRW anwendbar sein, fordert Middeldorf: „Das ist ein ehrgeiziges Ziel.“ Mit seinem Landtagskollegen Voussem ist er allerdings einig: Mindestens zehn Jahre wird es noch dauern, bis die ersten vollautomatisierten Autos durch NRW fahren. Vor allem wegen Problemen an der Infrastruktur, so der CDU-Mann. Es sei auch Aufgabe von NRW als bevölkerungsreichstem Bundesland, permanent Druck beim Bund zu machen.

Der „Bus on demand“ soll fahren, wann und wohin gewünscht

Deutlich greifbarer ist das Ziel, eine Plattform für alle Mobilitätsangebote zu schaffen. Der Kund, so die Politiker, soll nicht fünf Mitgliedschafen und Apps für Nahverkehrsanbieter, Mietrad, Car-Sharing und Co. haben, sondern eine Anwendung öffnen, sein Ziel eingeben und bekommt dann vorgeschlagen, welche Teilstrecke er mit dem Rad, welche mit der Bahn, dem Leihauto und so fort zurücklegen kann – einheitliches Bezahlsystem inklusive. Technisch sei das „kein Hexenwerk“, so Middeldorf. Schwierig sei eher, alle Anbieter an einen Tisch und in einen Rahmen zu bringen: „Da sind dicke Bretter zu bohren. Erst Pilotversuche gibt es aber in NRW. Mit dem „Mobility Broker“ in Aachen etwa können Kunden schon für verschiedene Fortbewegungsmittel bezahlen.

Ein Modellversuch, der das ÖPNV-Problem auf dem Land lösen könnte, läuft laut Politikern in Duisburg, wo ein „Bus on demand“ angefordert werden kann, der fährt, wann und wohin der Kunde eben möchte und die verschiedenen Individualfahrten bündelt (Stichwort Pooling). Gelänge es, so Middeldorf, ein flächendeckendes Netz aufzubauen und mit Car-Sharing zu verbinden, könnten selbst Menschen außerhalb der Ballungszentren auf das Auto verzichten.

Könnten ist dabei das entscheidende Wort, denn vorgeben wollen CDU und FDP ausdrücklich nichts. Aber: „Gerade in den Innenstädten kann das Auto nicht die einzige Lösung sein“, sagt Middeldorf. Schon gar nicht das mit Verbrennungsmotor. Deshalb forciere man den Ausbau der Ladesäulen für Elektromobilität – NRW fördere als einziges deutsches Bundesland auch private Ladestationen. Klaus Voussem allerdings sieht im Elektroauto auch nur eine Brückentechnologie – weil auch die Quelle dieser Energie nicht unumstritten sei. „Der Antrieb der Zukunft ist noch nicht erfunden“, glaubt der Verkehrspolitiker. Aufgabe der Politik sei auch hier, zu fördern, was immer es an Alternativen gebe – aktuell etwa Wasserstoff.

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