Negativtrend in der ersten Jahreshälfte Mehr Unfälle mit Pedelecs in NRW – Kampf um Raum spitzt sich zu

Düsseldorf · Die Zahl der Unfälle in NRW mit Pedelecs ist in den ersten Monaten des Jahres angestiegen. Experten erwarten eine weitere Verschärfung des Problems durch E-Tretroller. Ein Vorbild für Lösungsansätze könnten die Niederlande sein.

 Zwischen Januar und Mai 2019 verunglückten 684 Pedelecfahrer in NRW, im Vorjahreszeitraum waren es 629.

Zwischen Januar und Mai 2019 verunglückten 684 Pedelecfahrer in NRW, im Vorjahreszeitraum waren es 629.

Foto: dpa/Marijan Murat

Pedelec- oder E-Bike-Fahrer entwickeln sich zum Sorgenkind im nordrhein-westfälischen Verkehr. Während die Zahl der verunglückten Radfahrer in den ersten Monaten des Jahres 2019 zurückging, stieg sie bei den Zweirädern mit Hilfsmotor an. Sicherheitsexperten fordern mehr Investitionen in sichere Infrastruktur, die Polizeigewerkschaft GdP zudem eine Helmpflicht für die Elektrofahrräder.

Allein in den vergangenen Tagen gab es in der Region ausreichend Beispiele für das Problem: Vor einer Woche starb in Köln eine Seniorin (70), die sich Anfang Juni mit ihrem E-Bike an einem Bordstein überschlagen hatte, am Sonntagabend wurde ein E-Bike-Fahrer in Ratingen von einem Auto erfasst und starb, ebenfalls in Ratingen stürzte am Montag ein 77-Jähriger aus ungeklärter Ursache mit seinem Pedelec und zog sich schwere Kopfverletzungen zu – nur ein Auszug aus dem jüngsten Polizeibericht.

Auffällig ist: Noch in der Unfallstatistik für 2018 war es bei den verunglückten Radfahrern wie bei den E-Bike-Fahrern nach oben gegangen, aktuell aber verläuft der negative Trend bei letzteren gegenläufig zu einer positiven Entwicklung bei den Radlerunfällen. Wie das Innenministerium auf Anfrage dieser Zeitung mitteilt, verunglückten zwischen Januar und Mai 2018 noch 5724 Fahrradfahrer, im gleichen Zeitraum 2019 nur noch 4999. Auch die Zahl der tödlich Verunglückten sank von 23 auf 20. Bei den Pedelecfahrern indes stieg die Zahl von 629 im Vergleichszeitraum 2018 auf 684 – die Zahl der Toten von fünf auf neun.

Laut Landesverkehrswacht fällt auf: „Es sind viele Alleinunfälle, die da passieren“, sagt Sprecher Mathias Schiffmann. Nicht nur in Geschwindigkeit, sondern auch in Gewicht und Bremseigenschaften unterscheide sich das E-Bike von einem Fahrrad – gerade für Senioren, die einen hohen Teil der E-Bike-Fahrer ausmachten, sei es gefährlich, dies zu unterschätzen. „Das beschäftigt uns sehr“, sagt Schiffmann. Die Verkehrswacht bilde derzeit unter Hochdruck Moderatoren für spezielle Schulungen aus. Aber: „Wir haben Schwierigkeiten, die Zielgruppe zu erreichen.“

NRW-Verkehrsministerium: Müssen Antworten finden

Der Unfalltrend zeigt laut Schiffmann aber vor allem eines auf: „Es ist ganz deutlich, dass die Infrastruktur nicht mehr passt.“ Der „Kampf um den Raum“ in den Städten spitze sich zu – auf den Radwegen bald noch verstärkt durch den Druck der neuen E-Tretroller. Es reiche nicht, Farbe für einen Radschutzstreifen aufzubringen, Verkehrswege müssten auch baulich getrennt werden; Vorbild seien die Niederlande, etwa Amsterdam. „Das wäre perfekt“, glaubt auch Michael Mertens, Landesvorsitzender der Polizeigewerkschaft GdP, der die Niederlande als „absolutes Vorzeigeland“ sieht.

Es sei aber natürlich „ein langwieriger Prozess“. Politisch könnte das Thema nun Fahrt aufnehmen: Aus dem NRW-Verkehrsministerium heißt es, die Thematik sei bekannt und auch, dass man auf die Frage, wie Verkehrsraum in Zukunft aufgeteilt wird, eine Antwort finden muss.

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