Neviges. Mehr Stolpersteine für Nazi-Opfer

Neviges. · Historiker Rainer Köster arbeitet Widerstand und Verfolgung in Neviges auf.

 Im Gedenken an die jüdische Kaufmannsfamilie Meyer legten Volker Stegmann, Harry Gohr, Rainer Köster und Hans-Werner Rimpel (v.l.) Blumen an den Stolpersteinen nieder. 

Im Gedenken an die jüdische Kaufmannsfamilie Meyer legten Volker Stegmann, Harry Gohr, Rainer Köster und Hans-Werner Rimpel (v.l.) Blumen an den Stolpersteinen nieder. 

Foto: ja/Ulrich Bangert

Weiße Rosen und Herbstastern zierten die Stolpersteine an der Elberfelder Straße vor dem Eingang zur Passage. In dem Haus, dass dort einst stand, lebten Frieda, Jakob und Moses Meyer, sie alle wurden 1942 nach Theresienstadt deportiert und dort ermordet, Albert Meyer fand 1942 in Kozle/Oppeln den Tod. 81 Jahre nach der Pogromnacht vom 9. November 1938 wurde der jüdischen Textilkaufmannsfamilie und weiterer Opfern des Nationalsozialismus gedacht. Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen hatte zu diesem symbolischen Gedenken aufgerufen.

„In Neviges gab es 27 jüdische Mitbürger, die von den Nazi getötet wurden, aber es sind gerade einmal sieben Stolpersteine vorhanden, es sollten mehr verlegt werden“, beklagt Rainer Köster.

Die Wiedergutmachung für
die Opfer lief schleppend

Wie groß die Ablehnung gegen das Einsetzen von Erinnerungen im Pflaster sein kann, hatte der pensionierte Lehrer und Politiker der Linken erfahren, als im Jahr 2005 ein solcher Stolperstein vor einem Wohnhaus einer Wohnungsbaugesellschaft an der Wilhelmstraße eingelassen werden sollte.

Der Aufsichtsrat hatte das Anliegen seinerzeit mit der Begründung abgelehnt, in Bochum seien solche Steine von Nazis beschmiert wurden. „Inzwischen wurde vom Rat festgestellt, dass der Bürgersteig öffentliches Eigentum ist und solche stillen Hinweise auf das Grauen verlegt werden können. Hier fehlen also 20 Stolpersteine, es wäre schön, wenn einige dazukämen.“

Dabei möchte Köster nicht nur die jüdischen Opfer berücksichtigt wissen, sondern auch Widerständler, so wie Robert Lehmann, der im Velberter Gewerkschaftsprozess angeklagt und in das berüchtigte Gestapa-Quartier in der Wuppertaler Hofaue gebracht wurde, wo er sich mit einem Sturz aus dem dritten Stock das Leben nahm.

Wie schleppend die Wiedergutmachung für die Opfer des Nationalsozialismus nach dem Krieg verlief, machte der Historiker an dem Beispiel des seinerzeit in Neviges beliebten Arztes Dr. Wilhelm Windmüller deutlich, der nach Uruguay emigrieren konnte, aber dafür 100 000 Mark an „Reichsfluchtsteuer“ entrichten musste. „Nach seiner Rückkehr stellte er 1950 einen Antrag auf Wiedergutmachung, 1959 erhielt er die Nachricht, dass sein Fall bearbeitet wird, 1966 wurden ihm lediglich 4300 D-Mark ausgezahlt.“

Rainer Köster machte darauf aufmerksam, dass die Naziverbrechen nicht irgendwo in den großen Ballungszentren stattfanden, sondern gerade auch in den kleinen Städten und im ländlichen Raum. In diesem Zusammenhang verweist er auf sein Buch „Widerstand und Verfolgung von 1933 bis 45 in Neviges“, das um den 8. Mai 2020 erscheinen soll – der Tag an dem sich das Ende des Dritten Reiches zum 75. Mal jährt.

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