Schwerbehindertenausweis Schwerbehindert wegen Long Covid?

DÜSSELDORF · Langzeitfolgen der Viruserkrankung könnten gegebenenfalls wirtschaftlich abgefedert werden.

 Auch wenn man als Infizierter nicht ins Krankenhaus muss, können sich doch lange nach der Infektion noch gesundheitliche Probleme zeigen.

Auch wenn man als Infizierter nicht ins Krankenhaus muss, können sich doch lange nach der Infektion noch gesundheitliche Probleme zeigen.

Foto: dpa/Sven Hoppe

Long Covid werden sie genannt, die lang andauernden Folgen nach einer Infektion mit dem Coronavirus: Atemnot, Schmerzen, Müdigkeit, die über Monate das Leben anstrengend oder zur Qual werden lassen. So stark, dass es durchaus denkbar ist, wegen dieser Folgen einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen. Das sagt Brigitte Albers. Die Sozialrechtlerin hat eine Rechtsanwaltspraxis in Erkrath.

Weil das Phänomen Long Covid ja noch relativ neu ist, hat Albers zwar noch keinen Mandanten gehabt, der sich zwecks Linderung der finanziellen Probleme von Long Covid um einen solchen Schwerbehindertenausweis bemüht hat. Aber sie hält einen solchen Antrag bei den bekannt gewordenen schweren Langzeitfolgen für durchaus aussichtsreich.

Albers vertritt ihre Mandanten in behördlichen Widerspruchsverfahren oder auch vor Sozialgerichten, wenn ein von der Behörde veranschlagter Grad der Behinderung (GdB) ihrer Ansicht nach nicht dem wahren GdB entspricht und daher zu umfangreicheren Ansprüchen gegen die Behörde führen müsste. Die Juristin: „Wie schwer eine Behinderung wiegt, wird im Sozialgesetzbuch IX und in der sogenannten Versorgungsmedizin-Verordnung geregelt. Corona wird dort zwar bisher nicht explizit erwähnt. Denn es handelt sich ja um eine recht neue Krankheit.“ Dennoch sieht die Anwältin gute Chancen, dass eine Schwerbehinderung anerkannt wird. Das kann besonders dann der Fall sein, wenn sich bei einem Lungentest eine erhebliche Einschränkung der Lungenfunktion zeigt.“ Sollten sich irgendwann die Corona-Spätfolgen abschwächen oder ganz verschwinden, werde dann natürlich auch der Grad der Behinderung wieder reduziert.

Schwerbehindertenausweis: So läuft das Verfahren

Aber was sind eigentlich die Vorteile, die ein Betroffener durch einen Schwerbehindertenausweis hat und wie läuft das Verfahren, einen solchen zu bekommen? Die an einen Schwerbehindertenausweis geknüpften Folgen reichen von Steuereinsparungen über eine kostenlose Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel über einen  besseren Kündigungsschutz bis hin zu einer Woche mehr Urlaub im Jahr. Ein Antrag kann erst dann erfolgreich sein, wenn die Beeinträchtigungen seit mindestens sechs Monaten bestehen. Eben weil das so ist, können wohl auch erst demnächst entsprechende Ansprüche in Sachen Long Covid geltend gemacht werden. Und zwar bei der für den Betroffenen zuständigen Stadt oder Kommune.

Hier stellt man einen Antrag auf Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft. Sodann kommt es darauf an, wie die Behörde den Schwerbehindertengrad festsetzt. Bei einem Behinderungsgrad von 20 Prozent gibt es zum Beispiel einen  steuerlichen Freibetrag von 384 Euro, bei 50 Prozent liegt er bei 1140 Euro. Die Behörde darf bei den behandelnden Ärzten und Krankenhäusern einen entsprechenden Befundbericht anfordern, damit das Gesundheitsamt den Fall einschätzt und basierend darauf dann der Grad der Behinderung festsetzt wird. Gegebenenfalls muss der Antragsteller auch zur amtsärztlichen Untersuchung.  

Glaubt der oder die Betroffene, der Grad der Behinderung müsse höher sein, muss  Widerspruch eingelegt werden. In solchen Fällen sollte man die Hilfe eines sozialrechtlich versierten Anwalts in Anspruch nehmen, der einen dann sowohl im behördlichen Widerspruchsverfahren als auch gegebenenfalls vor dem Sozialgericht vertritt.

Weder die Behörden noch das Gericht berechnen dem Antragsteller Kosten für ein solches Verfahren. Wohl aber muss man gegebenenfalls den Anwalt bezahlen, der nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz abrechnet. Für das Widerspruchsverfahren sind das 451 Euro. Bei einem gegebenenfalls durchgeführten Verfahren vor dem Sozialgericht kommt es zu weiteren Kosten. Wird dem Antragsteller am Ende Recht gegeben, muss die Behörde die Anwaltskosten tragen.

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